von: Urs Heinz Aerni
5. Oktober 2019
© Kultur am Pass
Irgendwer meinte, dass es auffallend sei, wie viele junge Männer sich unter den Flüchtlingen aus Afrika, Afghanistan oder Syrien befänden. Aber wer denn sonst soll fliehen oder auf die Suche machen, wo Geld fürs Leben zu finden ist?
Mit siebzehn Jahren zog der Sohn eines Müllers und Kleinbauers aus Alvaneu-Bad nach Odessa, wo er eine Bäckerlehre absolvierte. Er hiess Peter Balzer, das war im Jahre 1814. Flurin Lozza verliess Marmorea um sich als Tellerwäscher in Spanien und Frankreich durchzuschlagen. Sie gehören zu den vielen jungen Männern und auch Frauen, die im 19. Jahrhundert Graubünden verliessen um im Ausland ein Auskommen als Söldner, Zuckerbäcker, Cafétiers, Ladendiener und Hausangestellte zu finden. Mir wurde zugetragen, dass der Bürgermeister von Palermo mit seinem Team zum Strand geht, so bald ein neues Flüchtlingsboot angekündigt wird, um die Menschen in Empfang zu nehmen und zu fragen, welche berufliche Erfahrungen sie mitbrächten. Je nach Antwort, organisiere er, dass sie gleich den entsprechenden Branchen zugeteilt würden. Wie gesichert diese Information ist, weiss ich nicht aber es liest sich couragiert an, nicht? So waren sicher die damals ausgewanderten Bündnerinnen und Bündner froh, auf Menschen zu treffen, die sie aufnahmen und engagierten. Basierend auf ein Zitat in einem damaligen Brief in die Heimat lautet das Buch von Donat Rischatsch „Auch hier ist Welt“. Die darin erzählten Geschichten von Menschen im Bündnerland, die das Glück und das Weite suchten, lösten die ersten Kulturtage in Lain, Muldain und Zorten aus, die vom 11. bis 13. Oktober dauern und nicht nur dokumentieren, sondern das Damalige mit dem Jetzigen vermischen, in verschiedenen Disziplinen der Kunst. Das Programm berührt alle Sinne und verführt uns mit Sicherheit zu neuen Zugängen in der Frage, was denn unsere Welt ausmache und wo sie sein könnte.
Urs Heinz Aerni
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