von: Urs Heinz Aerni
1. Juni 2020

Wie sinnvoll sind die Corona-Proteste?

Auf Radio SRF 1 wurde im Schweizer Dialekt (sorry liebe Leserinnen und Leser aus Österreich und Deutschland) diskutiert, wie sinnvoll oder unsinnig die Corona-Proteste sind.
Eine kleine Sende-Kritik.

© Fotografiert von Konstantin Weiss - OLYMPUS DIGITAL CAMERA

 

Moderator Rafael von Matt: Offen, deutlich, teilweise etwas wenig eigenes Profil, gute Fragen; aufrichtig bemüht, das Betriebsklima im Studio zu bewahren und allen genug Sprechzeit zu gewähren. Machte als Dompteur einen soliden Job.

Gast 1: Christoph Pfluger: Journalist und Verleger. Kopf hinter den Demonstrationen: Wirkte kämpferisch, sieht sich gerne in der Rolle des Aufklärers und Rebellen. Leider ist er nicht dialogsuchend, verfällt ins Predigen als Inhaber allen Wissens. Sein Weltbild wird immer tiefer und überzeugter, durchaus mit Argumenten, über die es sich diskutieren lässt. Schlittert aber in die Gefahr, sich an den eigenen Thesen und Theorien festzubeißen mit Verlust der Lust am Lernen und der Bereitschaft, Korrekturen vorzunehmen.

Gast 2: Guy Krneta: Mundart-Schriftsteller und Kritiker der Demonstrationen: War der ruhige und sachliche Ruhepol zwischen den Meinungen. Empathisch für die Demonstrierenden sowie für die Regierung unter dem Druck des Entscheidens und Handelns. Machte einen nachdenklichen Eindruck mit dem Versuch durch Differenzierung die Hintergründe besser zu verstehen. Könnte vielleicht mehr für Überraschungen sorgen, durch alternative Ideen, Konzeptvorschlägen und mit neuen Impulsen. Doch sein denkender Grundton, tat der Sendung gut.

Gast 3: Maurice Thiriet: Chefredaktor des Onlineportals «Watson»: Obwohl seiner journalistischen Haltung zum Teil nahestehend (beim Verfasser dieser Zeilen), die größte Enttäuschung in dieser Runde. Wollte super cool daherkommen, behandelte sein Gegenüber dermaßen herablassend, dass er sich von einem ernstzunehmenden Diskussionspartner und Studiogast selber degradierte. Sein ständiges Belächeln – Roger Köppel lässt via seinem unsäglichen TV-Blog grüßen – und sein Satz: «Ich rede nicht mit Pfluger, sondern über ihn.» signalisiert eine unglaubliche Selbstgerechtigkeit, die jegliche gute Argumentation von ihm übertüncht. Mit diesem Auftritt machte er seinen Berufskolleginnen und -kollegen wirklich keinen Dienst.

Gast 4: Thomas Häusler: Leiter der SRF-Wissenschaftsredaktion, Faktenchecker: Dezent, ruhig, nicht ganz so sicher in den Aussagen, kam zu wenig zu Wort. Vielleicht wäre eine Expertin oder ein Fachmann aus der Medizin und aus dem universitären Bereich besser gewesen, als eine SRF-hausinterne Vertretung.

Fazit: Die Bereitschaft von SRF, allen Stimmen ein Gehör zu geben, kam rüber. Guter Mix mit seriösen Meinungen aus der Hörerschaft. Eine zweistündige Sendung hätte vielleicht auch gut getan, um das Thema etwas zu vertiefen und dass ausgerechnet die Haltung für sachlichen und professionellen Journalismus eine Fehlbesetzung war, ist der Makel der Sendung.

Wer sich selber ein Bild machen möchte, dann viel Vergnügen beim Hören, hier Anklicken.