von: Urs Heinz Aerni
31. Mai 2019

„… Übertragung emotionaler Intensität …“

Wir befragen Schreibende nach ihrem Verhältnis zur Sprache, zur Arbeit und zu Büchern. Jetzt mit Alois Schöpf.

© pd - Alois Schöpf

Urs Heinz Aerni: Die Kraft der Sprache ermöglicht…

Alois Schöpf:  ….wie bei der Musik im Idealfall die oder von Erkenntnissen vom Autor auf den Leser.

Aerni: Mein Lieblingsschreibort ist:

Schöpf: Ich bin seit Jahrzehnten als Journalist ein Profi, der auf Zeile genau und termingerecht schreibt. Mir erscheint daher die Frage abstrus poetisch. Mein Lieblingsschreibort ist mein Büro. Ich habe es deswegen schön eingerichtet, damit ich gern dort arbeitet.

Aerni: Der Lesende darf meine Bücher…

Schöpf: Wenn er die Bücher gekauft hat, kann er damit machen, was er will. Sie sind sein Eigentum. Im Zweifelsfall kann er sie auch wegschmeißen. Im absoluten Idealfall noch einmal lesen.

Aerni: Eine Welt ohne Bücher würde…

Schöpf: Wenn ich längere Zeit kein gescheites Buch in die Hand bekomme, leide ich unter geistiger Unterernährung. Symptome dafür sind depressive Verstimmung.

Aerni: Die Fähigkeit des Lesens ermöglicht…

Schöpf: Die Ratgeberabteilungen der Buchhandlungen sind voll von esoterischem Unsinn. Kaum ein Ratgeberbuch beschäftigt sich mit der Tatsache, dass immer noch die beste Methode, sein Leben zu bewältigen, darin besteht, die eigene Vernunftfähigkeit zu mobilisieren. Um dies zu können, ist das Lesen unabdingbare Voraussetzung. Das Leben ist viel zu kompliziert, als dass es sich auf ein paar Statements im Internet eindampfen ließe. Das Lesen ermöglicht auch einen weiten Blick darüber, wie andere Menschen leben und wie andere Menschen ihr Leben bewältigen. Ein Buch hat für mich nur dann einen Reiz, wenn in gewisser Weise die Frage, wie ich richtig oder zumindest richtiger lebe, beantwortet wird.

Aerni: Die Arbeit mit Sprache und Geschichten bedeutet für mich…

Schöpf: Ich bin der Ansicht, dass in der Literatur das Medium der Sprache als solches viel zu hoch eingeschätzt wird. Im Zeitalter der Naturwissenschaften, in dem wir leben, ob wir das wollen oder nicht, ist die Sprache lediglich ein Medium, eines der wichtigsten Medien, um uns im Leben zurechtzufinden. Die Meinung vieler Dichter, dass sie etwas vom Leben verstehen, weil sie gut schreiben können, hat tonnenweise irrelevante Literatur zur Folge.

 


Autor, Journalist und Veranstalter, lebt bei Innsbruck. Seit über dreißig Jahren begleitet er als Kolumnist kritisch politische und kulturelle Entwicklungen. In seinen Essays Vom Sinn des Mittelmaßes, Glücklich durch Gehen, Wenn Dichter nehmen, Kultiviert sterbenoder dem jüngst erschienenen Tirol für Fortgeschrittene beschäftigt er sich satirisch und sprachmächtig immer wieder mit der Frage nach dem richtigen Leben. Schöpf ist auch Gründer und seit fünfundzwanzig Jahren künstlerischer Leiter der international renommierten Innsbrucker Promenadenkonzerte.

Anbei sehen Sie ein paar Werke von Alois Schöpf (Auswahl)