von: Heiko Schwarzburger
23. Februar 2013
In Großstädten wie Berlin werden immer mehr Dächer für Solargeneratoren genutzt. Hier ein Beispiel aus der Jacobsohnstraße in Weißensee. © Berliner Energieagentur
Vor ziemlich genau zwei Jahren hat die Bundesregierung die Energiewende verkündet. Anlass war die Reaktorkatastrophe von Fukushima. Haben Klimaschutz und erneuerbare Energien noch Bedeutung, angesichts der wenig planvollen Energiepolitik der Bundesregierung?
Für mich ist die Energiewende die Herausforderung unserer Zeit. Sie hilft uns, unseren Nachkommen eine lebenswerte Umwelt zu erhalten und eine Energieversorgung aufzubauen, von der auch die nächsten Generationen noch profitieren können. Der Austausch von fossilen und nuklearen Brennstoffen durch erneuerbare Energien verringert den Ausstoß an Kohlendioxid. Unmengen von Atommüll werden vermieden. Und allen aktuellen politischen Beschlüssen zum Trotz sind erneuerbare Energien mittel- und langfristig unabdingbar für die Versorgung mit Strom und Wärme.
Nun will die Bundesregierung den Ausbau der erneuerbaren Energien drosseln. Das hat bereits zahlreiche Solarunternehmen in die Insolvenz getrieben, weitere werden folgen. Nun greifen Politiker wie Bundesumweltminister Peter Altmaier (CDU) und Bundeswirtschaftsminister Philipp Rösler (FD) das Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) an, nur um die Interessen der Stromkonzerne zu schützen. Das ärgert mich.
Warum setzen RWE, EON oder Vattenfall nicht längst und im großen Stil auf erneuerbare Energien, wenn diese doch angeblich überfördert und lukrativ sind?
Ich glaube, anfangs haben die Stromriesen die Erneuerbaren einfach nicht ernst genommen. Das stetige Wachstum von Windkraft und Solaranlagen hat aber schnell gezeigt, dass die erneuerbaren Energien zu einer ernstzunehmenden Konkurrenz für Kohlekraftwerke und Kernreaktoren erwachsen. Es wird kein Nebeneinander geben, nur entweder oder. Die Konzerne würden mit einem Umstieg auf erneuerbare Energien ihren eigenen Kraftwerken den Todesstoß versetzen. Hinzu kommt, dass die Margen im konventionellen Kraftwerksbereich erheblich über den Renditen vieler Solaranlagen liegen. Für die Stromkonzerne wächst eine bedrohliche Konkurrenz nach, da sich inzwischen viele Hausbesitzer mit ihrem Solardach selbst versorgen. Mit extremer Kürzung der Vergütungen, wie augenblicklich gefordert, wäre diese Konkurrenz natürlich erst einmal gebannt. Für die Energieversorger geht es Zukunft um alles oder nichts. Die vorgeschobene Kostendiskussion ist nur Mittel zum Zweck.
Der Eigenverbrauch von selbst erzeugtem Sonnenstrom nimmt zu, weil immer mehr Unternehmen und Solarkunden die Kostenvorteile erkennen. Peter Altmaier bezeichnete diesen Trend als „enormes Risiko“. Gibt es eine Erklärung für die 180-Grad-Wende des Umweltministeriums?
Die kleinen privaten Solaranlagenbetreiber bringen die Kraftwerke der Energieversorger in Bedrängnis. Mit der letzten EEG-Novelle wurde festgelegt, dass es für Photovoltaik keine Vergütung mehr geben wird, sobald die installierte Photovoltaikleistung in Deutschland 52 Gigawatt überschreitet. Dies wird in zwei bis drei Jahren der Fall sein. Die beschlossene Nullvergütung kombiniert mit einer Eigenverbrauchsumlage soll den Solarenergiezubau in Deutschland zum Erliegen bringen. Es kommt einem vor, als sei es Ziel der Vorschläge des Umweltministers, unsere großen Energieversorger vor den regenerativen Energieanlagen zu schützen.
Da drängt sich die Frage auf, warum nicht auch die konventionellen Kraftwerke mit einer Umlage für Eigenverbrauch belastet werden. Hier liegt der Eigenverbrauch in der Größenordnung mehrerer Großstädte. Wenn man die ursprünglichen Ziele der Energiewende vor Augen hat, wäre hier eine Eigenverbrauchsumlage konsequent und richtig.
Altmaier schlägt beispielsweise vor, Solidarbeiträge von bereits installierten Solaranlagen und Windrädern zu erheben. Machen Geldanlagen in erneuerbare Energien überhaupt noch Sinn?
Dieser Vorschlag ist das falsche Signal. Er greift massiv in den Bestandsschutz ein. Millionen Betreiber von Solar-, Windenergie- und Bioenergieanlagen würden im Nachhinein zur Kasse gebeten. Es gäbe keinerlei Planungssicherheit mehr für Neuinvestitionen. Dies ist absurd und juristisch fragwürdig. Opposition und Verbände haben bereits Verfassungsklage angekündigt. Bürger, die die Energiewende selbst in die Hand nehmen, sollten nicht auch noch bestraft werden.
Wir sollten uns von diesen Wahlkampfkapriolen nicht beängstigen lassen. Fossile Energien wie Erdöl und Gas stehen in absehbarer Zeit nicht mehr zur Verfügung. Die Mehrheit der Deutschen möchte keine Atomkraftwerke mehr. Ohne erneuerbare Energien wird es deshalb in Zukunft nicht gehen. Investitionen in diesen Wachstumsmarkt werden weiterhin gute Renditen erwirtschaften. Für unsere Kunden geht es nicht nur um ökonomische, sondern immer mehr auch um ökologische und soziale Gesichtspunkte.
Für mich ist es ein Herzensanliegen, dass Nachhaltigkeit in der Geldanlage eine Selbstverständlichkeit wird. Wenn man sich Gedanken über die Rendite macht, dann sollte man auch fragen, woher diese Rendite kommt. Diese Sichtweise bei der Anlageentscheidung ist keine Modeerscheinung, sondern wird langfristiger Trend.