von: Peter Jost
11. Dezember 2016

Digitalisierung – die große Herausforderung der kommenden Jahre

Ein Gastbeitrag von Peter Jost, Schulleiter der Technikerschule HF Juventus in Zürich.

© pd

Die Welt wird digital! Unaufhaltsam und vor allem sehr, sehr schnell! In nie zuvor da gewesener Geschwindigkeit – jede Sekunde entstehen weltweit zirka 30 Terabytes neue Daten – werden Texte zu Bitmustern und Bilder und Filme zu Vektorgrafiken. Auch Musik steht fast nur noch in digitaler Form zur Verfügung, und selbst die grossen Telekomanbieter stellen die Telefonie auf digital um. Analoges Radio und Fernsehen gehört bald der Vergangenheit an, und in der Industrie werden ganze Fertigungsprozesse auf möglichst umfassende digitale Verarbeitung getrimmt, derart weitreichend und umfassend, dass man dazu eigens die «Industrie 4.0» ins Leben gerufen hat und von der grössten industriellen Revolution aller Zeiten spricht.

Während James Cook noch vor etwas mehr als 200 Jahren drei Jahre lang unterwegs war, um eine eisfreie Passage vom Pazifik zum Atlantik zu suchen – anstelle der Passage fand er auf dieser Reise den Tod –, genügt heutzutage eine kurze Analyse der Daten von Wettersatelliten, welche halbstündlich oder noch häufiger zu Erde gesandt werden.

Diese Entwicklung hat längst auch Einzug in die Ausbildungsprogramme und Lehrpläne der Technikerschule HF Zürich gefunden. Umfassend und überall! Weshalb aber findet man in der Ausbildung zur Technikerin oder zum Techniker HF Elektronik dennoch ein Modul, das Analogtechnik heisst? Steht das nicht im krassen Widerspruch zur derzeitigen Entwicklung? Haben die da gar etwas verschlafen, oder können sie sich vielleicht nicht von Altem trennen?

An dieser Stelle sei eine Frage erlaubt: Wie werden eigentlich all diese digitalen Informationen übertragen, und weshalb gelangen sie so schnell und scheinbar mühelos auf unsere Smartphones oder Tablets?

Eine berechtigte Frage, denn digitale Signale sind aufgrund ihres Aufbaus sehr anspruchsvoll und können selbst heute noch nicht digital übertragen werden. Beispielsweise würde der derzeit für UKW-Signale festgelegte Bereich zwischen 87,9 und 107,9 Megahertz bei weitem nicht ausreichen, um einen einzigen Sender in digitaler Form zu übertragen. Also müssen diese Signale für die Übermittlung eigens aufbereitet werden.

So wird beispielsweise das Wort «Hallo» zuerst in ein digitales Bitmuster (hier ASCII-8-Bit-Code) umgewandelt. Um es nun übertragen zu können, werden jeweils die vier möglichen Bitmuster (00, 01, 10 und 11) vier Frequenzen (Schwingungen mit gleichbleibender Form) zugeordnet, welche jeweils um ein Viertel ihrer Wellenlänge zueinander verschoben sind. Bei der Kommunikation über WLAN liegen diese Frequenzen bei 2,4 oder 5 Gigahertz. Letztlich werden diese vier Signale zu einem einzigen addiert und können nun als analoges Signal mit erstaunlich wenig Bandbreite übertragen werden, wie es die nachfolgende Grafik zeigt.

Juventus Technikerschule HF Zürich Digitalisierung

Dieses Verfahren hat sich in der Übermittlung von digitalen Informationen bestens etabliert und ist bekannt als «quadratische Amplitudenmodulation» oder kurz QAM-4, wobei 4 dafür steht, dass das übertragene Signal vier verschiedene, zeitlich verzögerte Zustände kennt. Jedes Mal, wenn der Empfänger eine Zustandsänderung erkennt, weiss er, welches Datenmuster nun folgt. Je höher die Frequenz des Signals ist, umso mehr Daten können in derselben Zeit übertragen werden.

Anhand der QAM-4 Methode lässt sich die Übermittlung von digitalen Informationen zwar gut erklären, doch in der Realität genügt dieses Verfahren den heutigen Anforderungen längst nicht mehr. Im 5G-WLAN stehen zirka 50 Kanäle zur Signalübertragung zur Verfügung, wobei jeder einzelne davon in 19 Unterkanäle aufgeteilt ist und mit zusätzlichen Signalen versehen wird. Diese übertragen keine Daten, sondern dienen bloss der Synchronisation von Sender und Empfänger. Den eingesetzten Modulationsverfahren liegt eine QAM-64 zugrunde, also 64 unterschiedliche Zustände des Signals und 32-Bit-Information für jeden Zustand.

Die Digitalisierung ist also in erster Linie eine sehr grosse Herausforderung an die analoge Signalverarbeitung, denn nur mit ihrer Hilfe können die notwendigen Informationen in der geforderten Geschwindigkeit übertragen werden. Es braucht also vor allem robuste und schnelle Netzwerke. Wie diese aufgebaut sind und welche Verfahren und Technologien ihnen zugrunde liegen, sind die Schwerpunkte des Moduls «Analogtechnik» in der Ausbildung HF Elektronik. Ein sehr spannendes Gebiet, das in Zukunft immer mehr an Bedeutung gewinnen wird.

Peter Jost

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