von: Urs Heinz Aerni
13. September 2020
© Barbara Roth - FILME FÜR DIE ERDE (Schweiz)
Urs Heinz Aerni: Schon seit 2007 gibt es den in Winterthur gegründeten Verein „Filme für die Erde“ in der Schweiz. Warum braucht die Erde Filme?
Barbara Roth: Über Filme finden ganz unterschiedliche Menschen einfach Zugang zu komplexen Umweltthemen. Noch mehr als Bilder oder Texte sprechen Filme fast alle unsere Sinne an. So kann das Medium Film die Leute auf vielen Ebenen erreichen und berühren. Aber auch aufwühlen. Und Emotionen sind wichtig, um Leute für den Klima- und Umweltschutz zu begeistern.
Aerni: Die jährlichen Festivals, eine Auszeichnung der UNESCO und Aktionen in den Schulen erreichten zwischenzeitlich sehr viele Menschen. Was denken Sie, geht schon eine Saat auf, vom Nährboden der Naturfilme?
Roth: Filme wirken.
Aerni: Wieso sind Sie davon überzeugt?
Roth: Ich höre und sehe die Reaktionen bei unseren Filmvorführungen. Während des Films passiert etwas mit den Leuten. Eine gute Doku lässt niemanden kalt. Als Reaktion auf den BBC-Publikumsliebling „Blue Planet“ folgten zum Beispiel unzählige Initiativen Einzelner bis hin zu politischen Massnahmen, um Plastikflut einzudämmen. „Eine unbequeme Wahrheit“ brachte den Klimawandel in die Wohnzimmer und löste eine breite Debatte aus. Filme haben die Kraft, dies auszulösen.
Aerni: Was muss für Sie ein guter Film haben und mitbringen?
Roth: Er überrascht mich! Spannend finde ich, wenn ein Film ein bekanntes Thema aus einer neuen Perspektive zeigt oder bislang unbekannte Zusammenhänge aufdeckt – und dadurch einen neuen Diskurs eröffnet. Umweltprobleme sind komplex. Eine gute Umweltdoku sollte dies widerspiegeln und unterschiedliche Blickwinkel einbeziehen.
Aerni: Das Credo des internationalen Vereins, ist Bewusstsein schaffen und Wissen vermitteln. Es gab auch schon Kritik, wie Dok-Filmer mit den Ressourcen umgehen bei den Reisen und Drehorten, auch was Störungen bei Tieren angeht. Wie gehen Sie und Ihr Team damit um?
Roth: Eine Doku zeigt, was vor Ort passiert. Und da spielt leider häufig das Fliegen und ein gewisser Ressourcenverbrauch eine Rolle. Es ist immer ein schwieriges Abwägen zwischen dem, was man mit der Doku bewegen kann und dem, welche Spuren man dafür vor Ort hinterlässt. Da wir die Filme nicht selbst produzieren, haben wir keinen Einfluss auf die Rahmenbedingungen des Drehs. Eine Doku muss gewisse Kriterien erfüllen, damit wir sie zeigen. Erfahren wir von nicht akzeptablen Zuständen, dann ist die Doku kein Thema für uns.
Aerni: Gibt es einen oder zwei Lieblingsfilme von Ihnen?
Roth: Welche Doku mich immer wieder auf Neue zu fesseln vermag: Das Salz der Erde. Die Doku ist ein berührendes Plädoyer für den sorgsamen Umgang mit der Natur und den Menschen. Einen speziellen Bezug habe ich zu „Darwin’s Nightmare“. Das war meine allererste Augenöffner-Doku!
Barbara Roth ist Co-Geschäftsleiterin des Vereins „Filme für die Erde“ mit Sitz in Winterthur.
Filme für die Erde ist ein internationales Kompetenzzentrum für Umweltdokumentarfilme und ein Netzwerk von umweltbildenden Ländersektionen. Der Verein möchte mit ausgewählten Filmen möglichst viele Menschen erreichen, Wissen über Nachhaltigkeit weitergeben und zum Handeln inspirieren.