von: Urs Heinz Aerni
28. April 2016

„Musikvielfalt, die kitzelt“

Nicole Johänntgen liebt ihr Saxophon, reist um die Welt, lebt in Zürich und bringt eine neue starke CD heraus. Ein Interview.

© pd CD Cover

Urs Heinz Aerni: Ihre neueste CD heißt „Moncaup“, nach einem Dorf in der Nähe von Toulouse. Was ist denn da passiert?

Nicole Johänntgen: 1949 ist dort meine Mutter geboren. Ein 25-Einwohner Ort nahe der spanischen Grenze.

Kennen Sie das Dorf?

Ich war zweimal dort und habe sogar mit meiner Groß-Cousine gesprochen. Mein Großvater lebte dort mit seiner Familie. Er hat meine Großmutter Mathilde in Deutschland kennengelernt. Dann sind sie nach Moncaup zurückgekehrt, zwei bis drei Jahre nach der Geburt meiner Mutter sind sie wieder nach Deutschland gezogen.

Kennen Sie die Gründe?

Wahrscheinlich weil meine Großmutter Sehnsucht nach Deutschland hatte. In Gesprächen mit meinem Großvater wollte ich mehr von über das Dorf erfahren. Er konnte nur gebrochen deutsch sprechen und mein Französisch war zu wenig ausgereift, so dass ich ihn nur zum Bruchteil verstand. Mit Moncaup gehe ich zu meinen musikalischen Wurzeln zurück. Mein eigenes inneres Moncaup.

Schiebt man Ihre neue CD ins Abspielgerät, so wähnt man sich zwischen Roadmovie-Song, Funk mit Südstaaten-Groove und freiem Jazz-Spiel um dann wieder in romantischer Stimmung mit Sehnsucht zu landen. Was meinen Sie dazu?

Ja, es ist ein Mix aus allem was ich bisher musikalisch gemacht habe und mir Spaß machte. Teils expressive Hyperdynamic bis hin zur Liebesgeschichte in Waves. Fragile, die durch die indische Tabla sanft getragen wird und wiederum zum Duo Blues, der meine Liebe zum Blues darstellen soll.

Sie bleiben keinem Stil treu…

Ich schaff’s nicht mich auf eine Richtung festzulegen. Die Vielfalt der Musik kitzelt mich! Und dass seit ich drei Jahre alt bin.

Sie haben auch Gäste eingeladen.

Ich habe speziell für Moncaup den kanadischen Sänger und Gitarristen Robertson Head und den ägyptischen Oud Spieler Nehad El Sayed zur CD Aufnahme eingeladen und ich freue mich dass sie der CD einen weltoffenen Charakter verleihen.

Was gelang.

Das ist mein Ziel! Cultural exchange between countries! Crossing boarders!

Sie stammen aus dem Saarland, leben in Zürich und sind unglaublich viel unterwegs. In diesem Jahr waren Sie zum Beispiel in Neuseeland, nächstes Jahr weilen Sie als Stipendiatin in New York. Wann finden Sie die Muse zum Komponieren?

Ideen für Stücke fließen ständig. Spannend ist, vor allem in den Pausen zwischen Unterrichtsstunden an der Musikschule fallen mir Ideen ein, an denen ich weiter fest halte und feile. Also jeweils dienstags und mittwochs fielen mir die meisten Songideen für Moncaup ein. Das fällt mir jetzt erst auf.

Sie leben und arbeiten mit dem Saxophon. Können Sie sich noch erinnern, wie die Liebe zu diesem Instrument entstanden ist?

Ja. Der Klang war und ist der Ursprung! Und das was die Musik bewirkt. Ich liebte es drauf los zu spielen auf dem Klavier.

Sie haben von früh an gespielt.

Ich habe mit sechs Jahren begonnen Klavier-Unterricht zu nehmen und mit 13 Jahren dann zum Saxophon gewechselt. Saxophon begann ich zu spielen, weil ich eine tolle Frau am Saxophon sah in einer Musiksendung namens „Ohne Filter extra“. Mich hat dieses Energie und diese Spielfreude fasziniert. Zu meinem Papa sagte ich dann: „Das will ich auch“. And here we are!

Ist Zürich eine Jazz-Stadt oder wird das eher überschätzt?

Zürich ist absolut eine Jazz Stadt – eine kulturell tolle Stadt.

Es gibt einen Wunschspruch für den Fischer und einen für den Jäger. Was wünscht man am besten einer Jazz-Musikerin?

Glück! En masse per favore! Pour vous, aussi!

 

Nicole Johänntgen stammt aus dem Saarland, studierte in Mannheim Saxophon und Komposition und lebt seit 2005 als freischaffende Musikerin in Zürich. Ihr nächstes Konzert geht am 12. Mai im Moods über die Bühne.

CD: Nicole Johänntgen: „Moncaup“, Household Records. www.nicole.johaenntgen.com