von: H. S. Eglund
31. Januar 2021
Die Buchmesse in Leipzig 2019: mehr Medienrummel, als Bücher. © Tom Schulze
Die Absage der Leipziger Buchmesse Mitte der vergangenen Woche verursachte in den Feuilletons ein gewaltiges Rauschen, überraschend kam sie nicht. Der Hickhack um den Impfstoff gegen die Coronaviren ließ es bereits erahnen: Auch in diesem Jahr wird es keine Großveranstaltungen geben. Und die Leipziger Buchmesse mit rund einer Viertelmillion Besuchern ist eine gigantische Show.
Statt dessen wird es ein virtuelles Programm geben, also Präsentationen und Lesungen im Internet. Für kleine Verlage und unabhängige Autoren bieten sich dadurch neue Chancen. Denn für sie ist die Messe schon lange keine Bühne mehr, höchstens eine Party, bei der sie nur Zaungäste sind.
Dominiert von den großen Verlagen und dem öffentlich-rechtlichen Rundfunk – der sich gerne mit großen Verlagen und ihren Autoren schmückt – waren die Kleinverleger schon lange an den Rand gedrückt.
Von Cosplayern überrrant
Und: Da die Buchmesse mit einer Fachveranstaltung für Comics zusammengelegt wurde, gab es in Leipzig in den Messehallen beinahe mehr jugendliche Cosplayer als Leser von ernsthaften Romanen oder Sachbüchern. Freilich, die fantasievollen Kostüme der jungen Leute sind wunderbar anzuschauen und von großer Ästhetik.
Für die ehrwürdige Buchmesse wäre es jedoch besser gewesen, wenn die Leipziger Manga-Comic-Convention einen eigenen Termin im jährlichen Veranstaltungskalender bekommen hätte. Denn letztlich war es die Comic-Messe, die immer mehr Publikum anzog, und nicht die klassische Schau der Neuheiten auf dem Buchmarkt. Damit hat sich die Messeleitung in die Tasche gelogen, wenn sie nach der Messe – jedes Jahr wieder – steigende Besucherzahlen meldete.
Veränderungen im Buchmarkt ignoriert
Und sie hat die dramatischen Veränderungen auf dem Buchmarkt ignoriert. Statt die Messe den Branchenriesen zu überlassen, hätte sie kleine Verlage und freie Autoren stärker ansprechen müssen.
Eine vielfältige Regionalmesse für Sachen oder den Osten Deutschlands hätte mehr Zukunft, als eine zweite Großmesse – im Frühjahr in Leipzig, im Herbst in Frankfurt. Der Versuch, Frankfurt als Leitmesse der Branche zu schlagen, ist gescheitert.
Historie allein – Leipzig als einstiges Zentrum der Verlage und der Messen – reicht als Konzept nicht aus. Es gibt in Leipzig keine nennenswerten Verlage mehr, alle Lichter sind nach der Wende ausgegangen, alle Hoffnungen auf eine Renaissance erloschen. Die wenigen kleinen Verlage, die immer aufs Neue antreten – Respekt! – brauchen keine Riesenparty.
Die Folge: Seit Jahren blieben immer mehr kleine und mittlere Verlage der Leipziger Messe (wie auch der Frankfurter Messe) als Aussteller fern. Und immer mehr Leserinnen und Leser wurden von den bunten Massentumulten am Messegelände eher abgestoßen als eingeladen.
Das Lesefest wird überleben
Immerhin hatte die Leipziger Messe einen großen Vorteil beispielsweise gegenüber Frankfurt: Es war das Fest der Leserinnen und Leser. Das Beiprogramm war viel wichtiger als die Messe selbst. Allerdings wurde das Marketing von „Leipzig liest“ ebenso von den großen Playern der Branche dominiert, wie die Buchhandlungen im Zentrum der alten Messestadt.
Wie überall sind sie längst in der Hand von Thalia oder Hugendubel. Dort kommen kleine Verlage oder unabhängige Autoren, die ihre Werke selbst verlegen, ohnehin nicht rein. Sie versprechen zu wenig Umsatz, da wirkt das Gesetz der Größe: Große Handelsketten (auch Amazon im Internet) begünstigen nur große Produzenten, die finanzkräftig sind, über Masse verkaufen und die Flächen in den Verkaufsräumen belegen.
Der Lockdown verschäft die Krise
Dieser Trend wird durch den Lockdown aufgrund der Coronakrise verstärkt. Die meisten Bundesländer – außer beispielsweise Berlin, wo Bücher als Lebensmittel gelten – haben auch die Buchhandlungen geschlossen.
Das trifft vor allem kleine Händler, die kaum Rücklagen haben. Wer heute eine Buchhandlung betreibt, ist enthusiastischer Selbstausbeuter. Durch die monatelange Zwangsschließung werden sich die Umsätze noch mehr zu den großen Onlinehändlern verschieben, die ihre Lieferanten (die Verlage) mit Horroverträgen knebeln – und ihre Mitarbeiter versklaven.
Nur große Verlage, mit langem finanziellen Atem und langer Backlist, können diesen Druck aushalten. Sie profitieren vom massenhaften Abverkauf über das Internet, sie brauchen die große Gieskanne – die Masse macht‘s. (gekürzt)
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