von: Heiko Schwarzburger
4. Januar 2013

„Nur mit Vertrauen fließt Geld“

Immer mehr Menschen stecken ihr Geld in die Energiewende: In Genossenschaften und Fonds, die Solaranlagen und Windräder finanzieren. Ein Beispiel ist die Green City Energy AG aus München. 2005 gegründet, hat das Unternehmen bislang 22 Fonds unter die Leute gebracht und mehr als 250 grüne Kraftwerke gebaut. Martin Betzold (36) ist Prokurist und leitet den Bereich Marketing, PR und Direktvertrieb. Er erläutert, warum die Energiewende eine Sache der Bürger ist.

Martin Betzold ist Prokurist und Vertriebsleiter bei Green City Energy AG. © Green City Energy

250 Kraftwerke in sieben Jahren: Wie viel Geld steckt dahinter?

Wir haben rund 200 Millionen Euro Investitionen ausgelöst, davon rund 50 Millionen Euro als Eigenkapital. Meist werden die Fonds als Kommanditgesellschaften geführt, die das erforderliche Eigenkapital einsammeln und dann die Finanzierung mit den Banken organisieren.

Wie muss man sich ein solches Bürgerkraftwerk vorstellen?

Wir entwickeln die Projekte selbst und verkaufen sie nach der Installation an eine Fondsgesellschaft. Dabei fassen wir zum Beispiel mehrere Windräder oder Wasserkraftanlagen in einem Fonds zusammen. Die Bürger beteiligen sich als Kommanditisten. Bisher haben bundesweit rund 3.000 Bürger in unsere 22 Fonds investiert. Eine beachtliche Leistung, wenn man bedenkt, dass am Anfang ein kleiner Verein von Überzeugungstätern stand.

Welches Ziel verfolgt Green City Energy AG?

Wir wollen die Energiewende mit hundert Prozent erneuerbaren Energien, das ist unsere klare Position. Wir wollen einen möglichst breiten Energiemix aus verschiedenen regenerativen Energien, dezentral, umweltfreundlich und mit Beteiligung der Bürger. Wir entwickeln beispielsweise keine Windparks auf See, das sind zentrale Großkraftwerke, bei denen die Bürger keine Möglichkeit haben, sich einzubringen. Das ist kein bürgernahes Geschäftsfeld, das macht die Großindustrie.

Konkret: Wie groß ist so ein Kraftwerk?

Ein Beispiel ist der Solarpark in Weißenfels, der im Dezember 2011 ans Netz ging. Innerhalb von drei Monaten konnten wir über Bürgerbeteiligungen fünf Millionen Euro Eigenkapital einsammeln. Insgesamt haben wir rund 18 Millionen Euro in den Solarpark investiert, der 7,6 Megawatt leistet. 320 Bürger aus dem gesamten Bundesgebiet haben diesen Fonds als langfristige Geldanlage genutzt. Allerdings hat die Bundesregierung solche Solarprojekte vorerst erschwert, wenn nicht gar unmöglich gemacht.

Wie meinen Sie das?

Auf Betreiben der Regierungskoalition wurden im April die Vergütungen für den Solarstrom zu schnell abgesenkt. Für unser Fondsmodell bleibt nicht genug Marge übrig, um die Verwaltungskosten zu erwirtschaften und zugleich eine interessante Rendite anzubieten. Zwei bis drei Prozent Rendite sind zu wenig, da legt niemand sein Geld an, erst recht nicht auf zwanzig Jahre. Über so einen langen Zeitraum brauchen wir zwischen sechs und sieben Prozent, um ausreichend Kapital zu sammeln.

Welche Alternativen haben Sie jetzt?

In Deutschland können wir solche Renditen derzeit mit Windenergie erreichen, freilich ein hoch emotionales Thema. Für Strom aus Windenergieanlagen erhalten wir derzeit knapp 10  Eurocent pro Kilowattstunde, damit sind Binnenlandstandorte wirtschaftlich umsetzbar. Vor allem Windparks in Süddeutschland sind für uns interessant. Immer effizientere Anlagentechnik und vor allem große Nabenhöhen und große Rotoren ermöglichen die Projektentwicklung von Standorten mit moderatem Windaufkommen.

Haben solche Windparks eine vergleichbare Größe wie das Solarprojekt?

Derzeit bereiten wir einen Windpark im Odenwald vor, im nordöstlichen Teil von Bayern. Dort wollen wir fünf Windräder installieren, die Turbinen vom Typ Nordex N117 sind speziell für solche Standorte optimiert. Jede Turbine hat eine Leistung von 2,4 Megawatt, die sie schon bei Windgeschwindigkeit von 12,5 Metern pro Sekunde erreicht. Der Rotor überstreicht eine Fläche von zehntausend Quadratmeter, der Turm ist 140 Meter hoch. Das erlaubt ein rentables Modell der Bürgerbeteiligung.

Windkraft ist nicht jedermanns Sache. 140 Meter hohe Türme über den Wipfeln des Odenwaldes …

Um die Akzeptanz in der Bevölkerung zu steigern, bieten wir Anwohnern im Umkreis von rund 15 Kilometern als Mindesteinlage 2.000 Euro an. Alle anderen können sich mit mindestens 10.000 Euro beteiligen. So eine hohe Mindesteinlage brauchen wir, um unsere Kosten für die Verwaltung zu begrenzen. Der Baubeginn wird im Februar oder März sein, je nachdem, wann der Schnee weg ist.

Bieten Sie den Fonds bundesweit an?

Am Windprojekt im Odenwald kann sich jeder Bürger beteiligen. Wir bieten ca. 6,5 Prozent durchschnittliche Ausschüttungen im Jahr an, über zwanzig Jahre. Die Anlage wird auf einem Höhenrücken errichtet, das Projekt ist durch eine Reihe von Gutachten abgesichert. Auch haben wir es sehr konservativ durchgerechnet, um ein belastbares Modell zur Finanzierung zu bekommen. Das Risiko ist aus meiner Sicht überschaubar.

Wie werden ihre Beteiligungsangebote überprüft?

Wir lassen unsere Fonds von Wirtschaftsprüfern in einer Leistungsbilanz testieren und veröffentlichen diese. Transparenz ist oberstes Gebot. Die Beteiligungsunterlagen für die Windräder im Odenwald sind von der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht und durch Wirtschaftsprüfer nach IDW S4 Standard geprüft, sie stehen voraussichtlich ab Dezember auf unserer Webseite. Wir erfüllen damit alle Auflagen und Vorgaben des Kapitalmarkts und des Wertpapierhandelsgesetzes.

Investitionsmöglichkeiten in grüne Kraftwerke sind noch sehr jung. Viele Menschen zögern, trauen den Angeboten nicht so recht. Wie gehen Sie damit um?

Den wichtigsten Vertrauensbeweis liefern unsere Anleger selbst. Viele Bürger, die schon einmal bei uns investiert haben, kommen wieder, um sich erneut an unseren Fonds zu beteiligen. Entscheidend für sie ist die Glaubwürdigkeit des Anbieters. Die Leute wollen die Energieprojekte kennen, wollen die Anlagen sehen und anfassen können. Das ist die konkrete Energiewende, von Bürgern vorangetrieben. Nur mit Vertrauen fließt das Geld.

Investieren Sie gegenwärtig ausschließlich in Windkraft?

Nein, natürlich nicht. Mit dem Münchener Praterkraftwerk haben wir ein unterirdisches Kleinwasserkraftwerk errichtet. Aus der Isar werden auf einer Länge von rund 150 Metern über einen Triebstollen maximal 34 Kubikmeter Wasser entnommen, um eine Turbine mit 2,5 Megawatt anzutreiben. Sie versorgt rund 4.000 Haushalte mit sauberem Strom. Zudem sind wir mit Wasserkraft in Frankreich aktiv. Dort kaufen wir kleine und ältere Laufwasserkraftwerke auf, um sie zu modernisieren. Beispielsweise in der Nähe von La Rochelle, in der Bretagne oder in der Auvergne bei Clermont-Ferrand. Die wenigsten Leute wissen, dass die Wasserkraft in Frankreich mit 14 Prozent Anteil am Strommarkt der zweitwichtigste Energieerzeuger nach den Atomkraftwerken ist. Wir tragen also die Energiewende nach Europa, wenn man so will.

Sind die Fonds ähnlich strukturiert wie in der Windkraft?

Ja und nein. Wie in der Windkraft bündeln wir auch hier mehrere Kleinwasserkraftwerke in einem Fonds. Allerdings bauen wir sie nicht neu, sondern kaufen marode Anlagen auf, um sie zu modernisieren. Die Investitionen stemmen wir in diesem Fall ohne Banken, nur aus Eigenkapital. Die französische Regierung hat ähnlich dem deutschen EEG dazu eine 20-jährige Vergütung bzw. einen Investitionskostenzuschuss garantiert. Dieser Fonds läuft nur über acht Jahre, ist also gerade für jene Anleger interessant, die ihr Geld mittelfristig attraktiv und ökologisch sinnvoll in Sachwerte investieren wollen.

Wie wird dieser Fonds angenommen?

Ausgezeichnet. Derzeit haben wir bereits deutlich mehr als sieben Millionen Euro eingesammelt. Bis Mai 2013 sollen es zehn bis 15 Millionen Euro werden. Jedes Kleinkraftwerk kostet rund 2,5 Millionen Euro. Wir prognostizieren eine Rendite von 8,35 Prozent im Jahr. Wasserkraftwerke können immer laufen, deshalb erzeugen sie mehr Strom als eine Windturbine gleicher Leistung. Auch die Unterlagen zu diesem Fonds finden Sie auf unserer Webseite.

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