von: Giuseppe Gracia
9. Mai 2019

„Zugang zum Universum“

Wir fragen Schreibende nach ihrem Verhältnis zur Sprache, zur Arbeit und zu Büchern. Jetzt mit Giuseppe Gracia

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Urs Heinz Aerni: Die Kraft der Sprache ermöglicht…

Antwort: Am Anfang war das Wort, so beginnt die Bibel. Das Wort als Schöpfungsakt. Wenn Sprache nicht als reine Funktion oder als Selbstzweck betrieben wird, eröffnet sie Räume, Zeiten und Figuren, die im Geist und Herzen des Lesenden leben und wachsen.

Aerni: Mein Lieblingsschreibort ist:

Antwort: Das Arbeitszimmer zu Hause. Früher verrauchte Lokale und Bars, heute bin ich dafür zu alt und lärmempfindlich.

Aerni: Der Lesende darf meine Bücher…

Antwort: Total anders verstehen und Aspekte darin entdecken, die der Autor gar nie hineinlegen wollte. Abgesehen von der rein handerklichen Ebene sollte der Autor möglichst nicht wissen, was er tut, sondern Instrument eines ihn übersteigenden Orchesters sein.

Aerni: Eine Welt ohne Bücher würde…

Antwort: Uns zurückstossen in die Enge des eigenen Ich. Das Leben auf das im Alltag Vorgefundene reduzieren, auf Gewohnheiten und Gegebenheiten der eigenen Zeit. Wir wären abgeschnitten vom Transzendenz-Ereignis eines Geistes, der uns mit längst verwehten Gestalten und Epochen verbindet, mit dem Anderen und Fremden der Gegenwart und sogar der Zukunft. Kurz: abgeschnitten vom Abenteuer des menschlichen Geistes.

Aerni: Die Fähigkeit des Lesens ermöglicht…

Antwort: Einen Zugang ins Universum der erzählenden, analysierenden, beschreibenden, fragenden, erleuchtenden, verdunkelnden Schöpfung.

Aerni: Die Arbeit mit Sprache und Geschichten bedeutet für mich…

Antwort: Trost. Zufluchtsort. Narrativer Eroberungsversuch der Welt. Glücklicher, verzweifelter Liebesbrief. Hassbrief. Teilhabe an der Schöpfung.

 


Giuseppe Gracia, verheiratet, zwei Kinder.  Schriftsteller und Kommunikationsberater (aktuell u.a. ein Mandat für das Bistum Chur). Publiziert in verschiedenen Medien. Mitglied des AutorInnenverbandes der Schweiz AdS.

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