von: H. S. Eglund
21. Dezember 2020

Rudolf Bahro: „… die nicht mit den Wölfen heulen“

Vor 250 Jahren wurde Ludwig van Beethoven geboren. Anlass, einen bemerkenswerten Essay von Rudolf Bahro neu zur Hand zu nehmen. Darin zeigt sich der spätere Dissident und Ökologe als profunder Kenner der Ideengeschichte – und zeichnet Beethoven als Erben der Revolution.

Schutzumschlag des Essays. © EVA

Den Essay „… die nicht mit den Wölfen heulen“ schrieb Rudolf Bahro zwischen 1967 und 1969 in Ostberlin. Damals war er bereits mit den Vorstudien zu seinem Buch „Die Alternative“ befasst, der radikalen Analyse des real existierenden Sozialismus in der Sowjetunion und in der DDR.

Der Beethoven-Essay fiel quasi nebenbei ab, nachdem er seinen Job als Redakteur bei der Zeitschrift Forum wegen mangelnder Linientreue verloren hatte und begann, in der „Gummibude“ zu arbeiten. Erst 1979, nach dem Erscheinen der „Alternative“, nach Stasiknast in Bautzen und nach dem Freikauf durch den Westen, konnte der Essay erscheinen, seinerzeit in der gewerkschaftsnahen Europäischen Verlagsanstalt (EVA). Heute ist das schmale Büchlein nur antiquarisch erhältlich, eine Neuauflage gab es im 250. Geburtsjahr von Beethoven nicht.

Ein Jahrgang wie Hegel und Hölderlin

Bahro sieht Beethoven vor allem als Zeitgenossen von Hegel, dem Philosophen, und dem Dichter Hölderlin. Alle drei sind 1770 geboren, und ihnen ist die hochfliegende Hoffnung auf die Revolution in Paris zwischen 1789 und 1793 gemein, mit dem Aufstieg Robespierres bis zur Gewaltherrschaft des Thermidor.

Der Terror der Revolution, weit von der deutschen Beschaulichkeit entfernt, tut der Euphorie kaum Abbruch. Nach dem Tod von Robespierre auf der Guillotine steigt ein neuer Stern: Napoleon betritt die Bühne, wird zum Hoffnungsträger, der die dumpfen Monarchien in Europa hinwegzufegen droht.

Hegel verliert alle Illusionen

Hegel verliert seine Illusionen gegenüber den Sansculotten als erster, gibt den utopischen Gehalt der Hoffnung auf die Revolution beinahe völlig auf. Hölderlin, der im Hyperion und in vielen seiner frühen Gedichte beinahe überschwänglich die Jakobiner unterstützte, sie nach Deutschland herbeisehnte, verzweifelt an der „tatenarmen Geschichte der Deutschen“.

Und Beethoven, dessen frühe Sinfonien wie die Fanfaren zur Erstürmung der Bastille klangen, zerreißt 1804 die Widmung seiner Eroica (1802 bis 1803 entstanden) für Napoleon, als sich Bonaparte in Paris die Krone aufsetzt, um seine Truppen fortan als Kaiser Bonaparte zu führen: „Vive la republique!“ wird abgelöst durch „Vive l‘Emporeur!“.

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