von: H. S. Eglund
22. Januar 2021
Büste vor einem Gebäude der Leipziger Universität. Die Straße ist seit 1961 nach Lumumba benannt. © H.S. Eglund
Mitte Januar 1961 wurde Patrice Lumumba ermordet, damals der Führer der Unabhängigkeitssbewegung im Kongo, dem riesigen Land in der Mitte Afrikas. Mit 35 Jahren wurde er brutal aus dem Leben gerissen, weil er belgischen und US-amerikanischen Interessen im Wege stand. Er war anderen Stammesführern ein Dorn im Auge, die sich mit der belgischen Schutzmacht arrangieren wollten.
Denn dieses Arrangement versprach satte Gewinne für die Warlords und ihr Gefolge: Die Demokratischen Republik Kongo, wie sie heute heißt, ist eines der reichsten Länder der Welt, besonders gesegnet mit Bodenschätzen: Kupfer, Coltan, Cobalt, Gold, Silber, Erdöl, Zink, Zinn, Mangan, Wolfram und Kohle.
Blutkohle, wie man sie heute nennt, die von schwarzen Kulis mit bloßen Händen aus den Bergen des Hochlands gekratzt wird, und deshalb auf dem Weltmarkt besonders billig zu haben ist.
Vor allem aber ist der Kongo sagenhaft reich an Diamanten. Die Ausbeute der Edelsteine steht den Klunkern aus Russland und Botswana nur wenig nach. Die Demokratische Republik Kongo ist der drittgrößte Produzent von Naturdiamanten, vor Australien, Kanada, Angola oder Südafrika.
Doch wirklich wichtig war das Uran, daran war das Interesse der Belgier besonders groß. Denn 1942 verkauften sie 4.200 Kilogramm kongolesisches Uran an die Amerikaner, die daraus die erste Atombombe bauten. Diese Uranmenge entsprach seinerzeit fast dem gesamten Uranvorrat weltweit. Die enormen Erlöse, die der belgische König aus diesem Geschäft zog, steckte er später in den Aufbau der belgischen Atomkraftwerke.
Schon 1913 hatte man Uranerz in Haut-Katanga entdeckt, einer Provinz im damaligen Belgisch-Kongo. Die Erzvorkommen der Shinkolobwe Mine waren außergewöhnlich reichhaltig. Bereits vor dem Zweiten Weltkrieg hatten die Amerikaner Interesse bekundet, bis der Deal im Jahr 1942 durch das Manhatten-Projekt konkret wurde.
Belgien wurde zum Hauptlieferanten der USA, erhielt auf diese Weise Zugang zur Technik der Atomreaktoren. Noch heute laufen die Atomkraftwerke Doel und Tihange. Doel ist der älteste Meiler in Europa, älter sogar als Tschernobyl. Und Tihange pflegt den zweifelhaften Ruf, der störanfälligste Schrottmeiler des Kontinents zu sein, unweit der deutschen Grenze.
Ende der 1950er Jahre lag auf dem Schwarzen Kontinent das sogenannte afrikanische Jahr in der Luft. Im britischen Kenia wurde die Unabhängigkeitsbewegung von Jomo Kenyatta angeführt, in Tanganjika (später Tanzania) vom charismatischen Julius Nyerere, in Guinea von Sekou Touré und in Ghana vom legendären Kwame Nkrumah.
Auch in Belgisch-Kongo wurde es unruhig, bis 1960 Lumumbas Partei die Wahl gewann. Sie war erst zwei Jahre zuvor gegründet worden. Er wurde 1960 erster Premierminister des unabhängigen Kongo – gegen den Widerstand der weißen Siedler und der belgischen Oberschicht.
Selbstbewusst trat Lumumba auf, beispielsweise auf dem Festakt zur Feier der Unabhängigkeit. In seiner Rede widersprach er dem belgischen König Baudouin, der die „zivilisatorischen Verdienste“ seiner Kolonialherrschaft gelobt hatte, die „Errungenschaften“ unter den weißen Herren.
In Anwesenheit des Königs und internationaler Diplomaten widersprach er dem Monarchen, prangerte die Unterdrückung durch die Kolonialverwaltung an:
„Wir haben zermürbende Arbeit kennengelernt und mussten sie für einen Lohn erbringen, der es uns nicht gestattete, den Hunger zu vertreiben, uns zu kleiden oder in anständigen Verhältnissen zu wohnen oder unsere Kinder als geliebte Wesen großzuziehen. Wir kennen Spott, Beleidigungen, Schläge, die morgens, mittags und nachts unablässig ausgeteilt wurden, weil wir Neger waren. Wir haben erlebt, wie unser Land im Namen von angeblich rechtmäßigen Gesetzen aufgeteilt wurde, die tatsächlich nur besagen, dass das Recht mit dem Stärkeren ist. Wir werden die Massaker nicht vergessen, in denen so viele umgekommen sind, und ebenso wenig die Zellen, in die jene geworfen wurden, die sich einem Regime der Unterdrückung und Ausbeutung nicht unterwerfen wollten.“
Selbst unter Briten und Franzosen, die damals große Gebiete im Osten, Westen und Norden Afrikas kolonial verwalteten, galt die belgische Kolonialherrschaft als besonders brutal und menschenverachtend. (gekürzt)
Copyright © J · Alle Rechte vorbehalten · BERG.LINK
Magazine Theme v4 von Organic Themes · WordPress Hosting · RSS Feed · Anmelden