von: Urs Heinz Aerni
16. August 2019

Mob im Web

Haben Sie gewusst, dass sich Swisscom-Kunden gegen die massive Gebührenerhöhung für Papierrechnungen mit einem Brief erfolgreich wehren können? Doch etwas anderes beschäftigt mich mehr:

© pd

Von uns Medienschaffenden wird in der Regel erwartet, Hintergründe erfahren zu wollen, besonnen zu recherchieren, Umstände sachlich einzuschätzen, aufzuklären und mit sprachlichem Feingefühl zu informieren, zu kommentieren und komplexe Ereignisse in unserer komplizierten Welt einzuordnen. Es gab Zeiten, in denen ihre Arbeit auf klar definierten Kanälen wie Zeitung, Magazin, Radio und Fernsehen genossen oder konsumiert und auch die Möglichkeit genutzt werden konnte, sich per Leserbrief an der Debatte einzuschalten. Für das Medium stand eine Redaktion in der Verantwortung, für Qualität der Texte, der Seriosität der Inhalte und der Mäßigung des Tones bei der Meinungsäußerung.

Bis irgendwann, jede und jeder die Macht erhielt, dergestalt sich öffentlich äußern zu können, wie es die offiziellen Medien es bis dato kannten. Im World Wide Web und den daraus entstandenen Plattformen der sogenannten Sozialen Medien. Das Resultat? Statt des völkerverbindenden Dialoges, gibt’s nationalistische Hassreden. Statt Förderung von Bildung und Wissen sind egozentrische Verlautbarungen von festbetonierten Weltbildern zu lesen. Es wird pauschalisiert und mit dem Zweihänder ausgeteilt. Und spätestens hier, wäre die Kompetenz von Profi-Medienschaffenden wieder vonnöten, mit kühlem Kopf aufzuklären. Doch stattdessen lese ich von einer Berufskollegin folgenden Kommentar, den sie zum tragischen Fall im Frankfurter Hauptbahnhof auf Facebook postete: „Was hat man sich nur für Dreckspack ins Land geholt????“ Klar, Journalistinnen sind auch nur Menschen aber was denken wir von einem Polizisten, der betrunken am Steuer sitzt?

Urs Heinz Aerni

Der passende Buchtipp: „Ethik des Journalismus – Wie steht es um Ethik und Moral im Journalismus?“ von Hila Kakar, 978-3-639-87423-5, AV Akademikerverlag