von: Urs Heinz Aerni
13. September 2015
© Erica Pedretti 2013 bei Srpachsalz in Hall in Tirol fotografiert von Marc Tschudin für das Festival
Sie repräsentiert nicht nur einen Teil der europäischen Literatur- und Kunstgeschichte, sondern durch ihr Leben auch das verworrene Schicksal des alten Kontinents. Vor dem Leben mit ihrem Mann, dem Künstler Gian Pedretti und fünf Kindern im Engadin und am Bielersee, erlitt sie eine Nachkriegsodyssee von Osteuropa über Deutschland, in die Schweiz nach USA und wieder zurück.
Ihr Werk setzt sich aus all dem Erlebten zusammen, mündend in einer Literatur, die eine außergewöhnliche Ästhetik mit einer existentiell wichtigen Bewältigung verknüpft.
Einmal unterhielten wir uns vor Publikum in St. Moritz und ich fragte sie, warum sie erst seit den 1970er Jahren zu publizieren begann. „Mein Vater schrieb für die Zeitung und er wusste, wie man schreibt. So wie ich schrieb, schreibe man nicht, sagte er. Meine erste Geschichte habe ich verbrannt, weil meine Schwester mich aufmerksam machte, dass das vielleicht meine Eltern lesen könnten.“
Die 1930 in Sternberg (Tschechische Republik) geborene Erica Pedretti erhielt u. a. 1984 den Ingeborg Bachmann-Preis für Das Modell und sein Maler und wurde 2013 mit dem Schweizer Literaturpreis für ihr Gesamtwerk ausgezeichnet.
Übrigens, sie gab dem Publikum am besagten Anlass zu verstehen, dass sie „eigentlich alles andere bei weitem lieber mache als zu schreiben“ …
Bücher:
Fremd genug. Prosa. Insel, 2010; Kuckuckskind oder Was ich ihr unbedingt noch sagen wollte. Roman. 1998; Valerie oder Das unerzogene Auge. Roman. 1986; Engste Heimat. Roman. 1995; alle Suhrkamp Verlag; Mal laut und falsch singen. Prosa. Eremiten-Presse, 1986; Sonnenaufgänge, Sonnenuntergänge. Erzählungen. 1984; Veränderung. Roman. 1977; Harmloses, bitte. Prosa. 1970; Heiliger Sebastian. Roman. 1970; alle Suhrkamp Verlag; Steine oder Die Zertrümmerung von dem Kind Karl und anderen Personen. Hörspiel. Süddeutscher und Norddeutscher Rundfunk, 1976