von: Urs Heinz Aerni
11. März 2016

„Leider geht es immer ums Geld“

Die erfolgreiche Buchmesse Olten wird nicht mehr fortgesetzt. Fragen dazu an den Initianten und Verleger Thomas Knapp

© Buchmesse Olten

Urs Heinz Aerni: Die Buchmesse Olten gibt es nicht mehr, dazu haben Sie sich im Organisationsteam mit Ihren Partnern entschlossen. Gab es einen Schlüsselmoment, als diese Überlegung zu keimen begann?

Thomas Knapp: Nach jeder Buchmesse haben wir uns jeweils selber kritisch hinterfragt. Wir haben uns auch mit unseren treuen Partnern immer ausgetauscht. Das hat auch dazu beigetragen, dass sich die Buchmesse von Jahr zu Jahr qualitativ verbessert hat. Klingende Namen der Literaturszene sind gern nach Olten gekommen: Peter Bichsel, Alex Capus, Pedro Lenz, Franz Hohler, Ruth Schweikert, Klaus Merz, Urs Widmer oder bei der Jubiläumsmesse im vergangenen Herbst Martin Suter und Hansjörg Schneider. Das Buchhaus Lüthy und das Buchzentrum haben uns mit Logistik und Sortimentsauswahl unterstützt. Im Stadttheater Olten konnten wir so jeweils 10’000 Titel aus allen Bereichen der Literatur präsentieren. Und was für die Qualität der Buchmesse spricht: Die Baloise Bank SoBa war seit der Premiere 2006 als Hauptsponsorin mit dabei. Und auch die öffentliche Hand stand der Messe positiv gegenüber.

Aerni: Klingt doch wunderbar…
Knapp: Dennoch: Wir haben uns nach der zehnten Buchmesse einmal mehr selbstkritisch hinterfragt und beschlossen, eine Denkpause einzulegen. Schlussendlich blieb in all den Jahren unter dem Strich gar nichts übrig. Und irgendwann rechtfertigt auch das viele «Herzblut» den gewaltigen Aufwand nicht mehr.
Aerni: Nach dem Aus der Basler Buchmesse nun Olten. Kommt eine kulturelle Tristesse auf die Schweizer Buchwelt zu?

Knapp: Das glaube ich nicht. Dieses Jahr wird in Olten beispielsweise der erste Schweizer Schriftstellerweg eröffnet. Da gibt es drei große Audiotouren von Alex Capus, Franz Hohler und Pedro Lenz. Und Geschichten von jungen Literaten sind über die ganze Stadt verteilt zu hören. Und wir vom Knapp Verlag lancieren ab Herbst an vier Abenden eine neue Literatur-Reihe in Olten, als Plattform nicht nur für Knapp-Autorinnen und -Autoren. Zudem gibt es ja noch die Solothurner Literaturtage und zahlreiche Literaturfestivals in der ganzen Schweiz.

Aerni: Man hört, dass 30.000 Franken nötig wären und neue Macher. Bestehen Chancen?

Knapp: Leider geht es immer ums Geld. Um die professionelle Strukturen aufrecht zu erhalten, ist in etwa dieser Betrag nötig. Mit Sandra Näf hatte die Buchmesse Olten ja eine Geschäftsführerin angestellt. Wie die Chancen stehen? Nachdem wir die Mitteilung verschickt hatten, meldeten sich X Radio-Stationen und Medien. Dieses Interesse hätte ich gern während der Buchmesse erleben wollen. Es gibt schon Interessierte, die sich bei mir erkundigen. Wichtig ist einfach, dass jemand seinen «Kopf hinhält». Das waren in den letzet zehn Jahren Sandra Näf und ich. Ich denke auch, dass es neue Macher braucht, die Enthusiasmus und neue Ideen mitbringen. Selbstverständlich würden wir ihnen mit Rat und Tat zur Seite stehen. Die Buchmesse ist im Kulturbetrieb etabliert. Von vorn müsste also niemand beginnen. Vielleicht müsste die Buchmesse auch breiter als bisher abgestützt werden, also die Verantwortung nicht auf vier oder sechs, sondern auf zehn oder zwanzig Schultern verteilen.

Aerni: Buchmesse Olten galt als Fest rund ums Buch mit vielen Veranstaltungen. Was werden Sie und Ihr Team am meisten vermissen?

Knapp: Den Kontakt mit den Autorinnen und den Autoren – und natürlich mit dem Publikum. An den vier Messetagen, vor allem an den Wochenenden, standen die Leute vor dem Stadttheater Olten Schlange. Die Bücher haben die Leute magisch angezogen. Wir haben Familien, Bibliophile aber auch Wenigleser angesprochen. Ja, ich darf sogar behaupten, die Buchmesse Olten hat eine starke Faszination ausgeübt.

Aerni: Die Jugend wurde auch erfolgreich durch die Buchmesse angesprochen, oder?
Knapp: Vermissen werde ich persönlich die Literaturclubs für Jugendliche. Junge lassen sich gern von Büchern verführen, es muss nicht immer das neueste iPhone sein. Das Buch lebt also. In einer schwierigen Zeit für die Buchbranche ist das doch ein Lichtblick.