von: Literarischer Club Zürich
7. März 2019
© Friedrich Christian Delius von Jürgen Bauer - Rowohlt Verlag
Mittwoch 20. März 2019 19.30 Uhr
GZ Hottingen Gemeindestraße 54 8032 Zürich
Moderation Ralph Müller
Türöffnung 19.00 Uhr
Freier Eintritt, Kollekte mit anschließendem Apéro
Friedrich Christian Delius, geboren am 13. Februar 1943 in Rom, aufgewachsen in Wehrda und Korbach in Hessen. Seit 1963 in Berlin, Studium an der Freien und Technischen Universität, Dr. phil. 1970. Bis 1978 Lektor für Literatur in den Verlagen Klaus Wagenbach und Rotbuch. Prozesse, welche die Siemens AG (1972-76) und Helmut Horten (1979-82) gegen ihn führten, erfolgreich überstanden. Seit 1978 freier Schriftsteller, von 1978-80 in Beek bei Nijmegen/NL, von 1980-84 in Bielefeld. Seitdem lebt er wieder in Berlin (von 2001 bis 2013 in Rom und Berlin).
„…in Russland sah es nicht mehr nach grossen Siegen aus, man sprach fast nicht mehr von Siegen, man sprach nur noch von der Dauer des Krieges, und was war der grausame Krieg wert, wenn nicht mehr gesiegt wurde, einen Krieg ohne Sieg konnte sie sich nicht vorstellen, seit sie zwölf war, hatte der Führer das Deutsche Reich von einem Sieg zum andern geführt, es war, solange sie denken konnte, immer nur gewonnen, erobert, gefeiert, gejubelt worden, für die politischen und militärischen Erfolge wurde auch in den Gottesdiensten mit Gebeten gedankt, und nur wenn gesiegt würde, könnte ihr Mann schnell zurückkommen, wenn aber an fast allen Fronten noch mehr Niederlagen drohten, bliebe er fort, in immer grösserer Lebensgefahr, und sie müsste länger und länger warten, was sollte aus dem schönen Deutschland werden ohne Siege, das war gar nicht auszudenken, das war verboten zu denken, sie verbat sich das, und während ihre Sehnsucht südwärts nach Afrika flog, tauchte die Wartburg vor ihren Augen auf…“
Aus: Bildnis der Mutter als junge Frau
F.C. Delius versetzt sich in dieser biographisch fundierten Erzählung in die Gedanken seiner Mutter, die schwanger mit ihm, dem künftigen Autor, ihrem Mann Ende 1942 nach Rom gefolgt ist. Dieser, ein zur Wehrmacht eingezogener protestantischer Pfarrer, wird, kaum ist sie in Italien angekommen, nach Afrika versetzt. Die zitierte Passage steht als Beispiel für die Meisterschaft des Dichters, historisch-poli- tische Hintergründe und Zusammenhänge in eine Sprache zu integrie- ren, die sich wunderbar leicht und genau aus der Situation und dem Fühlen der Protagonistin entwickelt. Ralph Müller, Moderator und Vorstandsmitglied Literarischer Club Zürich
Werke (Auswahl)
• Mogadischu Fensterplatz, Roman, 1987
• Die Birnen von Ribbeck, Erzählung, 1991
• Selbstporträt mit Luftbrücke, Gedichte, 1993
• Der Sonntag, an dem ich Weltmeister wurde, Erzählung, 1994
• Der Spaziergang von Rostock nach Syrakus, Erzählung, 1995
• Amerikahaus und der Tanz um die Frauen, Roman, 1997
• Warum ich schon immer Recht hatte – und andere Irrtümer. 2003 • Mein Jahr als Mörder, Roman, 2004
• Prospero. Opernlibretto, 2006
• Bildnis der Mutter als junge Frau, Erzählung, 2006
• Als die Bücher noch geholfen haben. Biografische Skizzen, 2012 • Die linke Hand des Papstes, 2013
• Die Liebesgeschichtenerzählerin, Roman, 2016
• Warum Luther die Reformation versemmelt hat, 2017
• Die Zukunft der Schönheit, Erzählung, 2018
Auszeichnungen (unter vielen anderen):
Georg-Büchner-Preis 2011. Mitglied der Deutschen Akademie für Sprache und Dichtung und der Akademie der Künste Berlin. Bundesverdienstkreuz 1. Klasse, 2017