von: Urs Heinz Aerni
20. September 2018

„Klezmermusik macht glücklich“

Bait Jaffe heißt die Band von Sascha und David Schönhaus, mit der sie einen jüdischen Musikstil pflegen, der glücklich und melancholisch machen kann. Die beiden Brüder geben dazu Auskunft.

© Bait Jaffe - Pressebild

Urs Heinz Aerni: Ihr Bruder David Schönhaus gründete 1993 mit Ihnen die Klezmerband Bait Jaffe. Eine jüdische Musikrichtung die bis ins 15. Jahrhundert zurückreicht und wenn sie gespielt wird, schwebt stets eine fröhliche Melancholie mit oder eine melancholische Lust zum Feiern. Wie viel jüdische Geschichte oder jüdisches Schicksal schwingt darin für Sie persönlich mit?

Sascha Schönhaus:  Für mich persönlich ist die Musik sicherlich eng verbunden mit der jüdischen Geschichte und mit der Geschichte der eigenen Familie. Jeder Musiker bei Bait Jaffe hat aber seinen individuellen Bezug zu dieser Musik und das Spannungsfeld das sich daraus ergibt trägt wesentlich zur Entwicklung und Gestaltung unserer Musik bei.

Aerni: Sie komponieren diese Musik auch, doch gibt es auch viel überlieferte Literatur zum Nachspielen?

Sascha Schönhaus: Ja, es gibt viel notiertes Material und wir spielen auch durchaus Kompositionen die wir entweder mündlich oder schriftlich überliefert erhalten. Wir betrachten allerdings Klezmer Musik nicht als eine museale Musik die nachgespielt werden soll.

Aerni: Sondern…?

Sascha Schönhaus: Unser Anspruch ist, stets eine eigenständige Fassung eines Stückes zu gestalten die möglichst so prägnant ist, dass wir sie als Aufnahme dokumentieren wollen. Für das gesamte Repertoire sind wir bestrebt als einzelne Musiker sowie als ganze Band, Klezmer Musik als Teil einer lebendigen Kultur in die Zukunft zu tragen. Das beinhaltet auch die Aufgabe, heute neue Musik zu komponieren.

Aerni: Der Kinofilm „Die Unsichtbaren“ des Regisseurs Claus Räfle mit Kompositionen von Matthias Klein ist ein Drama über Juden in der Nazi-Zeit, die bewusst nicht aus Berlin fliehen…

David Schönhaus: … Dieser Film verbindet uns mit der Geschichte unseres Vaters. Der historische Kontext wird wohl nie verloren gehen weil die Geschichte, auch unsere, nicht neu geschrieben wird. Wir können aber als Band diesen Zusammenhängen neu begegnen und dem allem etwas Positives gegenüberstellen. Das widerspiegelt sich auch in der Zusammensetzung unserer Band, in der Herkunft und Religion keine Rolle spielen.

Aerni: Ihrem Vater gelang damals die Flucht in die Schweiz und ebnete Ihren musikalischen Weg. Wie sehr sehen Sie und Ihr Bruder sich in der Verantwortung dieses Erbes?

Sascha Schönhaus: Verantwortung sehen wir in diesem Zusammenhang als ein „Dürfen“ und nicht ein „Müssen“. Es fühlt sich natürlich an, diesem Vermächtnis Raum zu geben und es eigenständig umzusetzen. Unser Vater ermutigte und forderte uns stets auf, eigene Musik zu komponieren aus dem was wir alles in uns aufgenommen haben.

Aerni: Der Name Ihrer Band lautet auf Hebräisch „Bait Jaffe“ und bedeutet „Schönes Haus“. Wie sehr stehen die Chancen, diese Musik der jetzigen und der künftigen Generation weitergeben zu können?

David Schönhaus: Dies ist ein stetes Auf und Ab, ein Jahr läuft viel, dann gibt es wieder eine Pause.  Wir spielten schon viele Projekte mit Kindern aus jüdischem und anders religiösem Umfeld und schätzen die Aufgabe und Möglichkeit, jungen Menschen sei es die eigene, oder auch eine fremde musikalische Kultur näher zu bringen. Im Moment sind wir im Gespräch mit der jüdischen Schule Noam in Zürich für ein großes Projekt für 2019/2020. Eine Idee innerhalb des Projektes wird sein, die teilnehmenden Kinder im Sinne eines Wettbewerbes zum Komponieren eigener, zeitgemäßer Klezmermusik einzuladen und diesen Prozess zu begleiten.

Aerni: Sie wirken auch im Bereich Jazz. Gibt es da Berührungspunkte zu der Klezmermusik?

Sascha Schönhaus: Es gibt hier viele Berührungspunkte.  Für mich ist das nicht so einfach trennbar. Ich spiele als Jazzmusiker das, was ich höre und was aus dem Moment aus meiner Inspiration entsteht. Da berühren sich Klezmer und Jazz unweigerlich.

Aerni: Kann Musik glücklich machen?

David Schönhaus:  Ja selbstverständlich, das macht es für uns aus.

 


Bait Jaffe, 1993 durch Sascha und David Schönhaus gegründet ist heute eine der führenden europäischen Klezmerbands. Bait Jaffe spielt auf nationalen und internationalen Bühnen. Die Besetzung der Band ist seit 2008 Sascha Schönhaus Saxofon und C-Klarinette, Andreas Wäldele Violine und Mandoline, Niculin Christen Klavier und Akkordeon und David Schönhaus Kontrabass. Web: https://www.baitjaffe.ch

Hier geht es zum Trailer von „Die Unsichtbaren“