von: Andreas Meier, Klingnau (Schweiz)
7. Juni 2023
Markus Dieth und Andreas Meier im Bundeshaus Bern - PD ©
Andreas Meier: Markus Dieth, ich freue mich Dich zu sehen und mich als Nationalrat des Kantons Aargau und als Parteikollege mit Dir über die politischen Aktualitäten im Kanton Aargau und der Schweiz zu sprechen. Neben Deinen Ämtern als Regierungsrat des Kantons Aargau und als Präsident der Nordwestschweizer Regierungskonferenz (NWRK), präsidierst Du seit dem 1. Januar 2023 auch die Konferenz der Kantonsregierungen (KdK). Wie bringst Du diese drei Ämter unter einen Hut?
Markus Dieth: (lacht). Das ist rein terminlich in der Tat sehr anspruchsvoll. Inhaltlich bestehen jedoch viele Synergien. Als Regierungsrat und Finanz- und Landwirtschaftsdirektor des Kantons Aargau – ein exportstarker Grenzkanton und Standort einiger bedeutender Forschungs- und Bildungseinrichtungen – beschäftigen mich sowohl in der Nordwestschweizer Regierungskonferenz wie auch in der KdK vielfach ähnliche Themen und Fragestellungen. So spielen namentlich die Beziehungen zu unseren Nachbarstaaten und insbesondere zur Europäischen Union eine wichtige Rolle sowie Standortfragen in den Bereichen Bildung, Forschung und Steuern.
Andreas Meier: Was ist Dir mit all diesen Kontakten wichtig?
Markus Dieth: In jeder meiner Funktionen bin ich für den offenen und direkten Austausch mit Mitgliedern des Bundesparlaments, wie jetzt mit Dir, sehr dankbar.
„Die OECD-Regelungen wirken auf den Wirtschaftsstandort Aargau aus“
Andreas Meier
Andreas Meier: Als langjähriger Grossrat kenne ich die Interessen und Anliegen des Kantons Aargau sehr gut und habe diese als Mitglied des parlamentarischen Oberrheinrats der Oberrheinkonferenz auch stets vertreten. Meine Erfahrungen aus der Kommission Volkswirtschaft und Abgaben sind gerade auch im Hinblick auf die Credit Suisse und die OECD Debatte spannend. Auch als Nationalrat bleibe ich natürlich Aargauer und möchte neben parteipolitischen Positionen auch aktuelle Anliegen des Kantons Aargau in Bern vertreten. Auch die OECD-Regelungen haben Auswirkungen auf den Wirtschaftsstandort Aargau. Welche Themen sind aus Deiner Sicht von besonderer Bedeutung?
Markus Dieth: Als Finanz- und Landwirtschaftsdirektor beschäftigen mich auf Bundesebene vor allem steuerliche Fragen, z. B. die Ausgestaltung des nationalen Finanzausgleichs. Aber auch raumplanerische Aspekte und generell die Aufgabenteilung zwischen Bund und Kantonen sind wichtige Themen. Besonders am Herzen liegt mir auch die Digitalisierung.
Andreas Meier: Warum?
Markus Dieth: Die Schweiz droht im Bereich der öffentlichen Verwaltung den Anschluss zu verlieren. Die Kantone wollen das zusammen mit dem Bund verhindern und haben die Organisation „Digitale Verwaltung Schweiz“ ins Leben gerufen, welche ich als Vertreter der KdK präsidieren darf. Was sind für Dich als Nationalrat die brennendsten Themen?
„Der Bundesrat weiss, dass die Kantone bereit für Verhandlungen mit der EU sind“
Markus Dieth
Andreas Meier: Ich werde mich weiterhin stark für einen attraktiven Wohn- und Wirtschaftsstandort einsetzen, statt nur auf kantonaler neu auch auf Bundesebene. Dazu gehört, dass wir als Land einen Weg finden müssen, die Beziehungen zur Europäischen Union vertraglich und langfristig zu regeln. Denn erst dann wird es gelingen, dass die Schweiz wieder Teil der für unseren Kanton und die Nordwestschweiz besonders wichtigen Forschungs- und Bildungsabkommen „Horizon Europe“ und „Erasmus +“ werden kann. In diesem Punkt unterstütze ich die Linie der KdK explizit.
Markus Dieth: Darauf bin ich übrigens besonders stolz: Dass es uns als Konferenz der Kantonsregierungen gelungen ist, in der aktuellen Phase der Sondierungen und womöglich bald Verhandlungen zwischen der Schweiz und der EU einstimmig eine neue europapolitische Standortbestimmung der Kantone zu verabschieden. Wir konnten so dem Bundesrat signalisieren, dass die Kantone bereit sind, die noch offenen Fragen im Rahmen von Verhandlungen zu lösen und, sofern das auf Gegenseitigkeit beruht, gegenüber der EU auch Kompromisse einzugehen.
Andreas Meier: Ich denke auch an weitere Themen wie zum Beispiel die Raumplanung…
Markus Dieth: So ist es. Genauso wichtig wie Digitalisierung und Europapolitik werden in naher Zukunft die Raumplanung – Stichwort Raumkonzept Schweiz – sowie die Aufgabenteilung und der Finanzausgleich zwischen Bund und Kantonen sein. Dabei werde ich mich ganz in der föderalistischen Tradition für klare Verhältnisse, sprich eine klare Zuteilung von Finanzierungs- und Entscheidungskompetenzen einsetzen. Die Staatsebenen müssen in ihren Zuständigkeiten wieder mehr Verantwortung übernehmen.
Andreas Meier: Dafür ist ja unter anderem die Raumplanung ein gutes Beispiel. Apropos Raumplanung: Nicht nur als KdK-Präsident, sondern auch als Landwirtschaftsdirektor beschäftigst Du Dich mit raumplanerischen Themen. Welche konkreten Fragestellungen stehen da im Fokus?
„Gute Rahmenbedingungen für die Landwirtschaft“
Markus Dieth
Markus Dieth: Auf nationaler Ebene sind vorwiegend die Landwirtschaftsdirektorenkonferenz sowie die BPUK, die Bau-, Planungs- und Umweltdirektorenkonferenz für raumplanerische Aspekte zuständig. Diese wird übrigens von meinem Regierungskollegen Stephan Attiger präsidiert.
Andreas Meier: Gerade in der Landwirtschaft und Energieversorgung tut sich im Aargau einiges.
Markus Dieth: Richtig. Im Kanton Aargau haben wir mit der Landwirtschaftsstrategie 2030 definiert, wie wir gute Rahmenbedingungen für eine nachhaltige und innovative produzierende Landwirtschaft schaffen. Dazu gehören auch zeitgemässe raumplanerische Grundlagen, die die Anliegen der produzierenden Landwirtschaft berücksichtigen und innovative Ideen, bspw. die Nutzung von erneuerbaren Energien wie die Agri-Pholtovotaik, ermöglichen und fördern. Aber auch interkantonal beschäftigt mich Aargauer Landwirtschaft, wenn auch vor allem in der Form von Aargauer Staatswein, denn dieser wird nun vermehrt auch an Veranstaltungen der KdK ausgeschenkt – und übrigens von allen Gästen immer sehr gelobt. Dass der Aargauer Wein heute auch national auf höchster Ebene mithalten kann, ist ja nicht zuletzt Dir und Deiner Rebschule zu verdanken. Wie ich gesehen habe, stehen ja wieder drei Weine von Dir im Final.
Andreas Meier: Das ist und bleibt dann mein Beitrag zu einem erfolgreichen Aargauer Präsidium der Konferenz der Kantonsregierungen. Ich freue mich auf die weitere Zusammenarbeit und den Austausch mit Dir.
+++
Markus Dieth wurde 1967 geboren, wohnt in Wettingen und ist seit 2016 im Aargauer Regierungsrat, wo er als Landstatthalter dem Departement Finanzen und Ressourcen vorsteht.
Andreas Meier wurde 1962 geboren und lebt heute in Klingnau, ist Inhaber des Familienunternehmens Weingut zum Sternen und Rebschule in Würenlingen, amtete von 2017 – 2022 als Aargauer Grossrat und sitzt seit Frühling 2023 im Nationalrat.