von: Urs Heinz Aerni
4. September 2020
© Manuel Stahlberger Foto- Michael Schoch, Zürich
Urs Heinz Aerni: Sie beehren die Kleinbühnen mit Ihrem neuen Programm. Werden wir Sie zum erstem Mal lächelnd erleben?
Manuel Stahlberger: Ja genau, im neuen Programm lächle ich endlich.
Aerni: In Ihrem Programm wähnt man sich zwischen Weiterbildungs-Seminar und einem tiefenentspannten Kabarett-Programm allerdings schon früh am Puls der gesellschaftlichen Problemthemen, denn Sie haben ja schon musikalisch den Klimawandel 2010 vor die Kamera gebracht. Wie dürfen wir Ihre Arbeit an der Programmentwicklung vorstellen?
Stahlberger: Den Anfang vom Anfang finde ich immer harzig. Es liegen viele Ideen herum, aber keine ist greifbar. Ich versuche dann, möglichst alles zuzulassen und auszuprobieren, auch wenn es ein Schrott ist. Sobald etwas aufgeschrieben oder gezeichnet ist, kann ich darauf reagieren, dann fängt mir die Arbeit richtig an zu gefallen. So pflüge ich mich monatelang durch mein Durcheinander im Kopf. Ich lerne mich über die Arbeit an einem neuen Stück immer auch selber etwas besser kennen. Diesmal sind viele Erinnerungen hochgekommen, meine Geburt, mein erstes Fussballspiel, alte Schulhefte…
Aerni: Welche Rolle spielen Kolleginnen und Kollegen dabei?
Stahlberger: Fürs neue Programm habe ich zum ersten Mal auch mit anderen Leuten zusammengearbeitet. Bit-Tuner/Marcel Gschwend hat die Musik zu den meisten Songs gemacht, es gibt ein Lichtkonzept und mit dem Schauspieler und Regisseur Dominique Müller habe ich das Ganze in eine gute Form gebracht.
Aerni: «Eigener Schatten» heißt Ihr neues Programm ab Februar, das von einem Virus überschattet wurde. Waren dadurch inhaltliche Korrekturen nötig?
Stahlberger: Fast keine, nein, die Inhalte sind eher allgemeingültig als tagesaktuell. Einmal gehe ich ins Publikum raus, dafür ziehe ich nun halt eine Maske an. Und das Thema Händewaschen kam von Anfang an vor, aber sehr am Rand. Das bekommt nun einen etwas unnötig grossen Fokus.
Aerni: In der Ankündigung geben Sie zu, dass Sie nicht zu den Schnellsten gehören aber es nun doch mit etwas mehr «Glamour» versuchen. Wie gelang die Umsetzung dieser Absicht bei der Premiere?
Stahlberger: Ja, ich wollte im neuen Programm endlich mal die grosse Show reissen. Ich bin sonst auf der Bühne eher stoisch, musste aber vor einiger Zeit in einer Mixed-Show tanzen in einer Gruppenszene. Das hat getaugt, über meinen Schatten zu springen und etwas zu zeigen, was ich gar nicht kann. Mich hat dann interessiert, wie weit ich damit gehen kann einen ganzen Abend lang.
Aerni: Und?
Stahlberger: Während der Arbeit am Programm ist dieses Show-Thema allerdings immer mehr in den Hintergrund gerückt. Der Schatten als eigene Geschichte, die man mit sich herumschleppt, hat mich dann viel mehr interessiert. Aber vom Show-Thema ist schon noch ein bisschen was drin geblieben.
Aerni: Hat Sie die Auszeichnung des Salzburger Stiers noch mehr gelassener gemacht?
Stahlberger: Sie hat mich sehr gefreut, aber an der Preisverleihung war ich überhaupt nicht gelassen. Ich habe den Preis als Solist bekommen zu einer Zeit, als ich noch gar kein Soloprogramm hatte. Heute könnte ich etwas Besseres präsentieren.
Aerni: Während ein paar Monaten waren Sie der sogenannte «Seitenmann» in der Sehrspätsendung Deville auf SRF. Ein angebrachtes Kontrastmittel in der TV-Hektik. Wer hat von Euch beiden mehr vom anderen profitiert?
Stahlberger: Ich habe auf jeden Fall profitiert vom ganzen Erlebnis Fernsehen. Zum einen war das Deville-Team super, zum anderen hat es mich interessiert, ob ich meine Themen statt in zehn Minuten auch in zweieinhalb Minuten unterbringen kann. Das war die Vorgabe.
Aerni: Und, zufrieden?
Stahlberger: Das hat prima funktioniert.
Aerni: Zum Schluss, können Sie dem Publikum, das Ihre Show sehen möchte, einen Tipp für eine innerliche Präposition mitgeben? Oder anders gefragt, in welcher Gemütsverfassung lohnt es sich, zu Ihnen ins Theater zu kommen?
Stahlberger: Ich finde es immer gut, wenn man möglichst nichts erwartet und sich einlässt auf das was kommt. Wie im Refrain von diesem grossartigen Aeronauten-Song: «Wenn man weiss wie es sein muss, hat man’s im Leben schwer». Das kann man sich als Motto überall hinschreiben eigentlich.
Manuel Stahlberger, Comiczeichner und Liedermacher aus St.Gallen, spielt ab Frühling 2020 sein drittes Soloprogramm. Stahlberger tourt auch mit seiner Band durch die Musikklubs, hat 2009 den Salzburger Stier gewonnen, war früher im Duo mit Stefan Heuss unterwegs und später ein paar Monate lang Seitenmann von Dominic Deville in dessen SRF-Spätabendsendung.
Der Beitrag erschien zuerst in der Zeitung ANZEIGER AFFOLTERN (Schweiz)
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