von: Umweltinstitut München e. V.
7. September 2023
© Pressebild - Bodenvögel kommen in unserer Kulturlandschaft durch ihre Lebensweise zwangsläufig mit Pestiziden wie Glyphosat in Kontakt. Umweltinstitut München eV
Das Artensterben ist eine der großen Herausforderungen unserer Zeit. Klar ist, dass die massenhaft eingesetzten Pestizide in der industrialisierten Landwirtschaft einen großen Anteil daran haben. Lange Zeit nahm man an, dass Glyphosat als Unkrautvernichter Tieren nur indirekt schadet, über den Verlust von Lebensraum und Nahrung. Doch mehren sich die Studien, die zeigen, dass Glyphosat die Artenvielfalt auch ganz direkt beeinträchtigt. So berichteten wir bereits über eine Studie mit Florfliegen, welche die direkte Schädigung auf Insekten zum ersten Mal in den Fokus rückte. Eine aktuelle Übersichtsarbeit (Literatur-Review) zeigt nun sehr deutlich auf, dass der Einsatz von Glyphosat negative Auswirkungen auf zahlreiche Landlebewesen hat, darunter Mikroorganismen, Insekten, Spinnen, Bienen und Regenwürmer, sowie Amphibien, Reptilien und Vögel. Das entnehmen die Autor:innen den Ergebnissen von über 200 wissenschaftlichen Studien aus den Jahren 2010 bis 2023.
Beispiel #1, die Japanwachtel: Japanwachteln (Coturnix japonica) sind unseren heimischen Wachteln in ihrem Verhalten und ihrer Lebensweise sehr ähnlich. Wachteln sind Bodenvögel, die Wiesen und Ackerland lieben. Aus diesem Grund kommen sie zwangsläufig mit glyphosatbasierten Pestiziden in Kontakt. Die im Review aufgeführten Studien zeigen, dass Glyphosat die embryonale Entwicklung in den Eiern und auch die Entwicklung der Jungtiere beeinträchtigt. Zum Beispiel trat eine verzögerte Gefiederentwicklung auf. Auch eine verringerte Beweglichkeit der Spermien von erwachsenen Männchen wurde beobachtet.
Beispiel #2, Bienen: Bestäubende Insekten wie Wild- und Honigbienen sind unersetzlich für die Produktion unserer Nahrungsmittel. Dass Glyphosat und glyphosatbasierte Pestizide ihnen massiv schaden ist deswegen eine sehr schlechte Nachricht. In Kontakt kommen die Bienen mit dem Unkrautvernichter durch direktes Besprühen beim Ausbringen des Wirkstoffs auf die Felder, durch Kontakt mit besprühten Pflanzenteilen oder während der Nektar- und Pollensuche. Glyphosat beeinflusst unter anderem ihr Lernen und ihr Gedächtnis negativ. Auch eine höhere Sterblichkeitsrate wurde beobachtet, was bedeutet, dass Glyphosat toxisch für Bienen ist. Zudem traten Verzögerungen bei der Entwicklung der Brut auf.
Obwohl immer mehr unabhängige Studien die Gefährlichkeit von Glyphosat beweisen hat die für die Risikobewertung zuständige Behörde, die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA), Glyphosat erst kürzlich Harmlosigkeit bescheinigt. Unsere Stellungnahme dazu können Sie hier nachlesen.
Auch der deutsche Landwirtschaftsminister Cem Özdemir kritisiert die Bewertung der EFSA: „Wir sehen eine Verlängerung auf EU-Ebene sehr kritisch und als nicht gerechtfertigt an“, ließ das Landwirtschaftsministerium verlauten. Denn die Auswirkungen auf die Artenvielfalt seien von der EU-Behörde nicht berücksichtigt worden. Trotz dieser unmissverständlichen Kritik an der EFSA-Bewertung hat die deutsche Bundesregierung sich bisher nicht dazu bekannt, bei der anstehenden Abstimmung über die EU-Wiederzulassung von Glyphosat mit „Nein“ zu stimmen. Und das, obwohl die Ampelregierung im Koalitionsvertrag angekündigt hat, Glyphosat in Deutschland ab 2024 zu verbieten. Allem Anschein nach kann sie das Versprechen eines nationalen Komplett-Verbots aufgrund von EU-Recht nur schwer einlösen, wenn Glyphosat in der EU weiter zugelassen bleibt. Daher erwarten wir, dass die Bundesregierung endlich Konsequenz an den Tag legt und sich klar dazu bekennt, gegen eine Wiederzulassung von Glyphosat in der EU zu stimmen!
Um unserer Forderung Nachdruck zu verleihen, werden wir kommende Woche die mittlerweile mehr als 125.000 Unterschriften zusammen mit unseren Bündnispartner:innen in einer bildstarken Aktion an das Bundeslandwirtschaftsministerium übergeben.
Für die Unterschriftenübergabe-Aktion können Sie hier spenden.