von: Urs Heinz Aerni
7. Oktober 2019
© Der alte Kern von Albisrieden - Quelle Zürich-Albisrieden.ch
Eine Gruppe Albisriederinnen und Albisrieder über 50 hat ihr Quartier auf seine Altersfreundlichkeit hin untersucht. Fazit: Wenn die vielen Organisationen besser zusammenarbeiten würden und ihre Angebote für Senioren zugänglicher wären, brauchte es nur noch einen Quartierkümmerer oder Kümmerin und bezahlbare Wohnmodelle, um ein selbstbestimmtes Leben zuhause so lange wie möglich zu unterstützen.
Wie steht es um das altersgerechte Leben in Zürich? Werden altbekannte Probleme durch die aktuellen Konzepte und Untersuchungen der Stadt angegangen? Der Seniorentat Zürich sah 2018 Handlungsbedarf und erstellte das „Panel für ein altersfreundliches Albisrieden“.
In Zusammenarbeit mit dem GZ Bachwiesen wurden Einwohnerinnen und Einwohner ab 50 in Albisrieden gesucht, die bei der Abklärung der Angebote und allfälliger Lücken mitmachen wollten. Es bildete sich eine Gruppe von engagierten sieben Frauen und zwei Männern zusammen mit der Projektleitung sowie des GZ-Teams.
Es habe sich sehr bald herausgestellt, dass Albisrieden gemessen an den öffentlichen und privaten Angeboten und bezüglich Lebensqualität als ausgesprochen altersfreundlich bezeichnet werden könne, so die Arbeitsgruppe. Allerdings sähe man sich noch vor Herausforderungen wie die Zunahme der Einsamkeit sowie der Tatsache, dass Zugänge zu Angeboten und Informationen für ältere Menschen immer schwieriger werden. Deshalb erachtet die Arbeitsgruppe es als sinnvoll, die definierten Ziele weiterzuverfolgen und dazu wurde ein Bericht verfasst, der der Verwaltung und der Politik die vorhandenen Defizite aufzeigt.
Bewegung und Leben
Im Bereich der Mobilität und Wohninfrastruktur machen die Befragungen deutlich, dass verkehrsberuhigte Strassen, ein barrierefreier ÖV, schwellenfreie Übergänge auf Strassen oder die Entflechtung des Verkehrs zwischen Fussgänger, Rollator und Autos weit oben auf der Wunschliste stehen. Interessanterweise gewinnen Quartierläden mit persönlichem Service inklusive Lieferservice sowie das Unterstützte Wohnen an Bedeutung.
Generation ist ein grosses Wort
Durchmischte Wohnmodelle wie Mehrgenerationenhäuser scheinen heute immer wichtiger zu werden. Mittagstische, wie es schon der Verein Hochneun anbietet, unterstützten zudem die Bewusstseinsförderung der Jungen für die Anliegen und Befindlichkeiten der Älteren. Eine Baustelle kristallisiert sich bei den konfessionsübergreifenden Angeboten heraus. Für Nichtkirchgängerinnen und Konfessionslose seien die kirchlichen Angebote, auch wenn sie offiziell für alle offen stehen, kaum zugänglich.
Alte seien auch während den Schulferien alt. Mit dieser pointierten Aussage fassen die Macherinnen und Macher der Untersuchung das Bedürfnis zusammen, wie Kulturevents und Veranstaltungen während allen Jahreszeiten geschätzt würden. Dazu kämen gewünschte Schnittpunkte zwischen Jung und Alt im Theater, an Konzerten und Spielen. Mit anderen Worten: Es muss nicht immer „Seniorentreff“ heissen oder „Wandern ab 60“.
Soziale und gesundheitliche Fragen
Viele Befragten schätzten einen interkulturellen Austausch mit Neuzugezogenen aus anderen Ländern und Sprachräumen, nicht nur erst beim Fachpflegepersonal im Heim. Und gleich hier angesetzt, werden Wünsche verlautbart wie Coaching bei psychischen Problemen, Spitexangebote und die Akzeptanz der Komplementär- und Alternativmedizin. Unter dieses Kapitel dürften auch Anliegen wie nach altersgerechter Freizeitplätze, passende Sitzgelegenheiten, unkomplizierte Begegnungsorte du Cafés, Tauschbörsen und den Erfahrungs- und Wissensaustransfer zwischen Jung und Alt bei Projekten und Dienstleistungen.
Stabstelle für eine Quartierassistenz?
Im Alter wird der Lebensradius kleiner. Das heisst, das eigene „Quartier“ – die Umgebung in der man am meisten Zeit verbringt – wird für sämtliche Bedürfnisse relevanter. Um sein Leben so lange und so selbstbestimmt wie möglich führen zu können, sind Verwandte, Bekannte sowie Angebote der Nachbarschaftshilfe wichtig aber sie seien nicht immer ausreichend.
Das inzwischen erprobte Modell der Anlaufstelle für Altersfragen oder Quartierassistenz – auch Quartierkümmerergenannt – böte sich hier an. Eine solche lokale Funktion könne adäquate Lösungen nicht nur für die Betagten finden. Zu den Aufgabenstellungen gehörten Unterstützung der Wohnautonomie, nachbarschaftliches Netzwerken, Koordination von Fachstellen und Stärkung des ambulanten Bereichs samt Drosselung des Kostenanstiegs.
Bei der Quartierassistenz stellt sich die Frage nach den Kosten und der Trägerschaft einer solchen Aufgabe. Es wäre zu prüfen, ob ein Teil der Kosten durch Beiträge der lokalen Dienstleister zu decken wäre. Immerhin trüge die Quartierassistenz dazu bei, dass ihre Leistungen bedarfsgerechter erbracht werden können und dass der Marketingaufwand pro Organisation sinkt. Eine Quartierassistenz könne sich auch den anderen Erwartungen an ein altersfreundliches Quartier widmen, die das Panel zusammengetragen hat.
Was die Trägerschaft betrifft, so böten sich diverse lokale Institutionen an, wie z.B. das GZ mit ihrer jahrelangen Erfahrung im Brückenbauen zwischen Organisationen und Gruppen. Man könne sich hier auch eine Partnerschaft mit Pro Senectute vorstellen.
Zukunft
Das Team vom Panel begrüsse es, dass nach heutigem Stand der in Arbeit befindlichen Altersstrategie der Stadt Zürich der Bedarf für eine Quartierassistenz schon erkannt worden sei.
Ein Zweck dieser Panels könne es sein, aus Sicht der Nutzniessenden die Umsetzung der Strategie zu begleiten, um mögliche Mängel und Fehlleistungen festzustellen und an die Verwaltung weiterzuleiten. So würde dem Prinzip der Partizipation nachhaltig Rechnung getragen werden, so die Initiatoren.
Nach der Publikation dieser Bestandesaufnahme werde das Panel in einem Jahr mit der Verwaltung und der Legislative Kontakt aufnehmen, um anzufragen, was mit dem hier beschriebenem Befund geschehen ist. Sollten kaum Fortschritte erzielt worden sein, trete das Panel erneut zusammen, um die Umsetzungschancen der Forderungen weiter zu forcieren.
Mitwirkende an diesem Bericht mit einer ausführlicheren Version in der Anlage:
Christian P. Casparis, Präsident Seniorenrat Zürich
Ruth Kuhn, Mitglied Seniorenrat
Anita Schneeberger, Vertreterin des GZ Bachwiesen
Maja Coulin
Lilo Hintermann
Bruno Müller
Vera Müller
Margrit Züger
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Christian P. Casparis
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