von: Urs Heinz Aerni
5. März 2019

Fasnacht? Also echt jetzt!

© S. Fischer Verlag

«Schreiben Sie doch was über Fasnacht» Ganz ehrlich jetzt? Ist echt nicht so mein Ding. Obwohl als ein der Fröhlichkeit zugeneigter Zeitgenosse, fliehe ich vor Konfettischlacht, Guggemusik und herumtanzende Maskierte. Auch wenn ich als kleiner Bub in Cowboy-Montur im Dorf mein Unwesen trieb und später in verrauchten Restaurants das Gelächter und Halligalli noch lustig fand, entschwand im Laufe der Jahre mein Interesse, diesem Treiben einen Sinn oder eine Art Kultur abzugewinnen. Als Ladenbesitzer musste ich damals in Basel vor dem Morgestraich alle Lämpchen ausmachen und das Schaufenster lichtmäßig so abdichten, dass ja nichts die Gasse zu erhellen vermag. Sonst musste mit einer Buße gerechnet werden. Ok, die Schnitzelbänke brillieren teilweise mit ihrem politisch-karikierendem Witz aber Hand auf’s Herz: Was soll das Lärmen und Krachen mit all der Wein- und Bierschwemme? Eine Art Ventil, ein Gegenmittel zur Alltags-Vernünftigkeit? Bekanntlich stammen Karneval, Fasching oder Fasnacht von den uralten Bräuchen rund um die Wintervertreibung respektive deren bösen Geister ab, aus denen dann die Kirche es in sogenannte christliche Symbolik umwandelte und noch das Fasten herausstrich, wohl analog zur Beichte, die alles wieder ins Lot brachte, nachdem die Sau rausgelassen wurde.

Ich habe ja auch Mühe, mit der überregulierten und leistungsorientierten Gesellschaft, die nur noch auf Karriere und Rentabilität pocht. Vielleicht hilft die Fasnacht, aus diesem Hamsterrad auszubrechen, aber nach Aschermittwoch steigen ja alle wieder in dasselbige hinein. Kann es sein, dass während der Pause zwischen zwei Fasnachten man guttäte, mehr zu leben, zu genießen und weniger alles tierisch ernst zu nehmen? «Schmutziger Donnerstag» hieß der Schweizer Tatort 2013, der mitten in der Luzerner Fasnacht spielt. Es habe damals Streit gegeben über den Ruf der Stadt und ihrem urtypischen Fest, unter etwas chaotischen Umständen musste gedreht werden aber, genau diese Folge soll zu den besten Luzerner Tatorts gehört haben, der ja massiv unter Kritik stand. Okay, wenn die Fasnacht den Ruf einer Schweizer Krimiserie zu retten vermag, dann ist das auch nicht schlecht. Aber trotzdem, diese Fasnacht … ist echt nicht mein Ding.

Urs Heinz Aerni

Der passende Buchtipp: «Der Karneval der Tiere» nach Camille Saint-Saëns von Roger Willemsen und Volker Kriegel (Illustrationen), S. Fischer, ISBN 978-3-596-19717-0