von: Burkhard Jahn
26. Februar 2015

Eszett und sein Schicksal

Die Schweizer haben ihn abgeschafft, die Deutschen lieben ihn und die Österreicher vielleicht auch. Eine Laudatio für den Buchstaben ß von Autor und Schauspieler Burkhard Jahn

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Ach, du, Eszett, wie dauert mich dein Schicksal doch so brüderlich: bei dir, verhasst als elitär,
tut man, als ob es richtig wär,

dich hier und dort als Unbequemen
gleich ganz aus dem Gebrauch zu nehmen. Kann doch das kleine zarte ‚s‘
verdoppelt leicht Entsprechendes.

Prahlst gar mit vorgewölbtem Rüssel blasiert so wie ein Notenschlüssel –
höhnt man, und bei dir wölbt und schnörkelt nur affig, was sonst abgezörkelt!
Das Ebenmass von andren Lettern
ist zehnmal schöner, – hört man wettern – zumal es dich, hörst du, Lappalie,
noch nicht mal gross gibt als Versalie!

Ach du, gemobbt und aus der Mode, Eszett, du alter Antipode
zum Doppel-S, in edlen Seelen
wirst du, Eszett, doch niemals fehlen. Greif ich zum Füller, Kugelschreiber, werd‘ ich sofort zum Hintertreiber

der orthographischen Verbrecher, bin Eszetts Zorro, Eszetts Rächer!

Burkhard Jahn

Der Autor ist Schauspieler, Regisseur und Sprecher für Radio und Fernsehen.