von: Urs Heinz Aerni
29. Juni 2017

Es steht viel auf dem Spiel! Verlagssterben infolge politischer Fehlentscheidungen.

Eine Mitteilung des Vorstandes der Kurt Wolff Stiftung über die Forderungen der VG Wort

Sehr geehrte Damen und Herren,

es fehlten neue große Erfolge, so schrieb die Süddeutsche Zeitung in der
vergangenen Woche über den Münchener A1 Verlag, „statt dessen litt man
wie andere Verlage unter den Rückzahlungen für die VG Wort“. Die
Konsequenz ist erschütternd – der wunderbare und vielfach ausgezeichnete
A1 Verlag, der seit 1990 existiert und unter anderem Mitglied im
Freundeskreis der Kurt Wolff Stftung ist, befindet sich in Liquidation
und wird im kommenden Jahr verschwunden sein.

Ein anderer Verlag, der Ventil Verlag aus Mainz, musste am Mittwoch eine
Crowdfunding-Kampagne starten, um überleben zu können. Die Begründung
des Verlages: „Vor allem durch die juristische Entscheidung im
vergangenen Jahr, die alle Verlage zu erheblichen Rückzahlungen an die
VG-Wort verpflichtet, sind wir als unabhängiger Verlag finanziell noch
ungünstiger aufgestellt als ohnehin schon.“

Und das „Gesetz zur Angleichung des Urheberrechts an die aktuellen
Erfordernisse der Wissensgesellschaft“, kurz UrhWissG, das noch in
dieser Legislaturperiode durch den Bundestag gepeitscht werden soll,
bringt nicht nur herbe Verluste für Verlage, gerade auch unabhängige
Wissenschaftsverlage – es entrechtet auch die Autorinnen und Autoren.
Roland Reuß und Volker Rieble schrieben dazu in der FAZ: „Autoren hat
man nicht gefragt, obschon sie die Urheber sind und damit die
Primärberechtigten an ihren Texten; und obschon auf einer mittlerweile
über sechstausend Unterzeichner umfassenden Unterschriftenliste von
Kritikern der autorenfeindlichen Gesetzesinitiative auch so prominente
Namen wie Jürgen Habermas oder Jürgen Osterhammel und eine Menge
amtierender Richter erscheinen.“

Dies alles zeigt, wie sehr ein gesellschaftliches Umdenken vonnöten ist,
und wie sehr gerade unabhängige Verlage zur Zeit bedrängt sind – gerade
auch durch politische Entscheidungen.

Daher fordern wir dringend alle Mitglieder des Bundestages auf, dem
UrhWissG nicht zuzustimmen!

Daher fordern wir die Bundesregierung auf, eine Förderung für verdiente
unabhängige Verlage zu schaffen, so wie es sie in der Schweiz und in
Österreich längst gibt!

Der Deutsche Buchhandlungspreis ist bereits ein Schritt in die richtige
Richtung gewesen. Wir fordern von der Politik, dass sie sich mehr um die
Publikationsfreiheit, um die Anliegen und Rechte von Autorinnen, Autoren
und Verlagen bemüht – im Sinne einer funktionierenden Bibliodiversität!
Es steht viel auf dem Spiel!

Leipzig, der 29.6.2017

Vorstand der Kurt Wolff Stiftung
Britta Jürgs
Leif Greinus
Jörg Sundermeier

auch hier:
http://www.kurt-wolff-stiftung.de/verlagssterben-infolge-politischer-fehlentscheidungen/

Kurt Wolff Stiftung
zur Förderung einer vielfältigen
Verlags- und Literaturszene

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