von: Monika Brunsting-Müller
29. Juni 2015

Digitale Medien an den Schulen

Monika Brunsting-Müller macht sich Gedanken über die Herausforderungen.

© Verlag am Weiher

Die heutige Schule strebt an, sämtliche Kinder und Jugendlichen mit allen Lernschwierigkeiten zu integrieren. Jedes Kind soll diese Schule besuchen dürfen und hier lernen, was es für das Leben braucht. Dies ist ein ehrgeiziges Ziel. Dass nicht alle Kinder und Jugendlichen es ohne weiteres erreichen, liegt auf der Hand.

Digitale Medien sind nützlich für den Wissenserwerb, für das Training von Fertigkeiten (z. B. Rechtschreibung) und von Hirnprozessen (z. B. Aufmerksamkeit, Konzentration). Mit Unterstützung durch Lehrpersonen oder Eltern kann das recht gut funktionieren (Wertschätzung, Ermunterung und Ermutigung).

Die integrative Schule, in der Schüler mit den unterschiedlichsten Lern- und Förderbedürfnissen zusammenkommen, braucht digitale Medien für das Training verschiedener Funktionen oder Fertigkeiten. Werden sie bewusst und gezielt eingesetzt, kann ihr Einsatz sehr sinnvoll sein. Allerdings zeigt die Erfahrung in vielen Schulzimmern, dass der PC auch zu viel unproduktiv verbrachter Zeit führt, Zeit, in der nicht gelernt, sondern auf dem PC wie wild gesucht wird. Eine kompetente Begleitung durch die Lehrperson darf keinesfalls fehlen.

Multitasking wird durch digitale Medien deutlich mehr provoziert: Zu einfach kann man neben dem, was man tun sollte, noch etwas anderes machen. Wenig strukturierte Unterrichtsformen, wie sie auch mit digitalen Medien entstehen können, stellen für viele Lernende eine grosse Herausforderung dar. Menschen mit Konzentrations- und Motivationsproblemen oder Aufmerksamkeits-Defizit-Störungen (AD[H]S) haben darunter besonders zu leiden.

Was tun? Digitale Medien sind aus unserer Welt nicht mehr wegzudenken. Man muss lernen, mit ihnen umzugehen, als Kind, als Jugendlicher und als Erwachsener! Teilleistungsstörungen, Minderleistung oder AD(H)S gedeihen nur zu gut auf dem Boden eines ungesteuerten Medienkonsums. Auch Erwachsene sind nicht gefeit gegen Schwierigkeiten, die durch ein Zuviel an digitalen Medien entstehen können. Wer hat noch nie telefoniert, eine Mail beantwortet und gleichzeitig das Handy im Blick gehabt? Aufmerksamkeit, Konzentration und Selbstregulation sollten gestärkt und trainiert werden – am besten aber nicht mit digitalen Hilfsmitteln. Häufige kleine Portionen von Ruhe und Sammlung können viel bewirken (stille Minuten, Meditation, meditative Aktivitäten wie Malen, Zeichnen, Musik, Bewegung). Bildschirmfreie «Inseln» schaffen: Eine Woche ohne digitale Medien kann ein sehr interessantes Experiment sein. Schulen sind ideale Orte, um ein solches zu lancieren und zu begleiten. Bereits gibt es in der Schweiz vereinzelte Initiativen in diese Richtung. Die Erfahrungen sind sehr ermutigend.

Die Neurowissenschaften zeigen, dass schulischer Lernerfolg nicht von der Qualität digitaler Medien abhängt, sondern wesentlich von der Persönlichkeit des Lehrenden (Glaubhaftigkeit) und des Lernenden (Motiviertheit, Interesse, Selbstregulationsfähigkeiten, Aufmerksamkeit) sowie von der Strukturierung des Unterrichts. Für jeden Einzelnen gilt somit, den Gebrauch digitaler Medien zu steuern und sich nicht durch diese steuern zu lassen: Dompteur zu sein der Medien, dieser «wilden Tiere». Dann sollte es eigentlich klappen. Mit freundlicher Genehmigung der Autorin.

Monika Brunsting-Müller, Fachpsychologin für Psychotherapie FSP und Sonderpädagogin, arbeitet in eigener Praxis.  Sie leitet das Nordschweizer Institut für Lernfragen (NIL) in Oberuzwil/SG und Zürich. Daneben ist sie als Lehrbeauftragte für verschiedene Institutionen und in der Lehrerbildung tätig.