von: Urs Heinz Aerni
7. Januar 2019

„… die rechte Hirnhälfte mit der linken zu versöhnen“

Wir fragen bei Schreibenden nach ihrem Verhältnis zur Arbeit, zur Sprache und zu Büchern. Hier mit Markus Ramseier.

© Pressebild Markus Ramseier von Roger Fiechter

Urs Heinz Aerni: Die Kraft der Sprache ermöglicht…

Markus Ramseier: … ein CO2-neutrales, meist nicht einfaches, selten schwereloses Abheben durch Räume und Zeiten. Alles lässt sich mit allem verbinden, so weit/soweit die Sprache/der Geist reicht.

Aerni: Mein Lieblingsschreibort ist:

Ramseier: mein Bergrefugium in Les Diablerets, wo ich als passionierter (Lang-)Läufer am Fuß des Gletschers schreibend laufe, laufend schreibe. Das tut Geist, Seele, Körper gleichermaßen gut.

Aerni: Der Lesende darf meine Bücher…

Ramseier: … nach Lust und Laune zwischen den Zeilen ergänzen, am Ende lieben oder ins Feuer werfen.

Aerni: Eine Welt ohne Bücher würde…

Ramseier: … ich überleben. Aber sie wäre um Welten ärmer. Ich würde dann wohl einfach aus dem Buch der Natur lesen, das mir niemand nehmen kann.

Aerni: Die Fähigkeit des Lesens ermöglicht…

Ramseier: … Teilnahme und Anteilnahme, Lernprozesse, Bewusstseinserweiterungen, Perspektivenwechsel, Austausch, Ablenkung, Hoffnung, Trost, Heilung …

Aerni: Die Arbeit mit Sprache und Geschichten bedeutet für mich…

Ramseier: … das anspruchsvollste Spiel zu spielen, das ich kenne, die rechte Hirnhälfte mit der linken zu versöhnen, (meine) Grenzen auszuloten, verstehen zu wollen und mich im Verstehen zu trösten, größtmögliche Offenheit anzupeilen, meine Verletzlichkeit auszuhalten, auf meinen langen Atem und auf meine Leser*innen zu vertrauen, auch einmal scheitern zu dürfen, das Lachen dabei nie ganz zu verlieren.


 

 

Markus Ramseier ist der Schweizer Meister zarter Töne. Der 1955 in Liestal geborene Schriftsteller, Journalist, Lektor und Flurnamenforscher versteht es, seiner Prosa eine poetisch-zarte Melodie zu verleihen. Für sein literarisches Werk erhielt er zahlreiche Auszeichnungen, etwa den Buchpreis des Kantons Bern (1995), den Bettina-von-Arnim-Preis (2001) und den Kulturpreis Kanton Basel-Landschaft (2014). Nach „Vogelheu“ (2014) erschien auch sein neuer Roman „In einer unmöblierten Nacht“ (2018) bei Haymon.

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