von: Urs Heinz Aerni
9. Dezember 2021

Der Stoff, aus dem die Energiezukunft kommt

Wie kann noch besser Energie gespart werden? Durch eine neue Speichertechnik, die im Bauprojekt „Bachwiesen“ in Zürich eingesetzt wird.

© Wasserstofftanks 1 - Baugenossensschaft Zurlinden Zürich

 

Die „2000 Watt Gesellschaft“ ist ein stetig präsentes Thema und ein oft definiertes Ziel in der Bau- und Energiebranche. So nutzt auch die Baugenossenschaft Zurlinden (BGZ) in Zürich die modernste Technologie, um diesem Ziel nicht nur näher zu kommen, sondern es auch zu erreichen.

Die BGZ fokussiert sich nicht nur auf Energie, die für das Erstellen von Gebäuden benötigt wird, wie Herstellung, Transport, Lagerung und Entsorgung – also die sogenannte „graue Energie“, sondern insbesondere auch auf die benötigte Energie wie Heizung, Warmwasser und Strom. Oder kurzum, die Betriebs-Energie.

Die Menge und der Verlust dieser Energie muss beschränkt und gleichzeitig soll die Energienutzung perfektioniert werden. Diesem Ziel wird durch die Optimierung der Gebäudeformen, Fensterflächen, Wandisolierung und immer erfolgreicher, mit Energieproduktionsanlagen an und auf den Gebäuden schon zu einem grossen Teil erreicht. Der Verbraucher kauft nicht mehr Energie ein, er produziert sie da, wo sie gebraucht wird.

Ein Mittel gegen die Winterstromlücke

Aber, so die Meinung der Geschäftsleitung der Baugenossenschaft Zurlinden, unter der Leitung von Jan Baumgartner, es brauche noch mehr. Man steuere in eine neue Entwicklungsrichtung, die nun im Bauprojekt Bachwiesen in Zürich realisiert werden soll. Eine neue Speicher-Technologie. Denn, der Bedarf von Energie schwankt je nach Jahreszeit, Wetter und durch die zeitlich unterschiedlichen Bedürfnisse der Bewohnerinnen und Bewohnern. Die Solaranlagen auf den Dächern und an den Fassaden produzieren während sieben Monaten mehr Energie als benötigt.

Nun soll diese überschüssige Solarenergie im Sommer teilweise in den energieintensiven Winter verschoben werden. Mit anderen Worten: statt im Sommer produzieren und im Winter einkaufen, soll gespeichert werden. Mit sogenannten Saisonstromspeicher. Damit soll der Eigenverbrauchsgrad von Strom auf 90% erhöht werden.

In drei Schritten:

  • Ladung des Batteriespeichers im Haus
  • Ladung der Wärmespeicher in den Heizzentralen
  • Ladung des Saisonspeichers

Während die beiden erstgenannten Techniken die Kurzspeicher mit Tag- und Nachtausgleich ermöglichen wird die langfristige Energiespeicherung ausserhalb des Gebäudes stattfinden, und zwar in chemischer Form, mit Wasserstoff. Diese Geräte stehen im Freien und lagern bis 120 kg Wasserstoff, das entspricht einer gespeicherten Energie von 4‘000 Kilowattstunden.

Verbraucht die Siedlung mehr Strom, als die Solaranlage oder die Kurzzeitspeicher liefern können, wird der Saisonspeicher durch einen elektrochemischer Prozess für den benötigten Strom einspringen. So wird aus Wasserstoff und Sauerstoff elektrische Energie und Wasserdampf. Die dadurch entstehende Abwärme dient gleichzeitig der Warmwasseraufbereitung.

Eine Energiequelle gleich um die Ecke

Die Geräte sind rund 6 Meter lang, 2,4 Meter breit und 2,6 Meter hoch. Ein kleines Kraftwerk mit direktem Hausanschluss. Die Sicherheit der Speicher wird durch hochspezifizierte Überwachung und Steuerung gewahrt, die getrennt von Produktion und Lagerung sind. Zudem ist der Speicher sehr sicher, weil der grösste Teil des Wasserstoffs im Metallgitter des Speichers gebunden ist, und nicht im gasförmigen Zustand gelagert wird.

Die Baugenossenschaft Zurlinden gelingt es mit dieser Technik, ihren Beitrag zum klimaneutralen und ressourcenfreundlichen Leben, zu liefern. Denn Wasserstoff ist umweltneutral, ungiftig, nicht krebserregend und verursacht keine Umweltschäden bei möglichen Entweichungen. „Cleantech“ auf gut Neudeutsch.

Auf Anfrage, wie es um die Chancen für diese Technologie steht, erklärt Genossenschafts-Vizepräsident und treibende Kraft in diesem Bereich, Stefan Kälin: „Wir alle tragen die Verantwortung für eine nachhaltige Zukunft für die kommenden Generationen. Dazu gehört auch diese innovative Technik für erneuerbare Energie mit gleichzeitigem Spareffekt, die mit unseren Partnerunternehmen entwickelt wurde. Und, es stimmt uns zuversichtlich, dass wir diese Verantwortung in unserer Branche auch nachkommen werden.“

 

Urs Heinz Aerni

 

Baugenossenschaft Zurlinden:

1923, mitten in der Weltwirtschaftskrise, begleitet von einer Hyperinflation in Europa als Folge der Nachwehen des Ersten Weltkrieges, haben innovative Unternehmer eine Baugenossenschaft gegründet. Die Gründer haben erkannt, dass eine Krise auch immer eine Chance ist. Erst die geniale Idee, das Eigenkapital über Stehbeträge der Handwerker zu generieren, ermöglichte es überhaupt zu bauen. Das Grundstück für die erste Siedlung an der Zurlindenstraße beim Albisriederplatz in Zürich konnte von der Bodenkreditanstalt Zürich erworben werden. So entstand der Name Baugenossenschaft Zurlinden.

Link: https://www.bgzurlinden.ch/home

 

Integration des Speichers in die Haustechnik erfolgt durch:

Kälin + Müller AG, Zürich

Hersteller ist GKN Hydrogen mit Sitz in Bonn und Bruneck (Südtirol)

Verantwortlicher Auftraggeberin: Baugenossenschaft Zurlinden Zürich