von: Urs Heinz Aerni
23. April 2015
© Aviva Verlag Berlin
Witzig und frech beschreibt Lili Grün Verliebtheit und Ernüchterung, schier endlose Großstadttage und rasch zu verdrängende Nächte, verrät ›Rezepte fürs Herz‹ und träumt vom ›Paradies für die Frau‹.
Ihre erstmals in Buchform gesammelten und veröffentlichten Gedichte und Geschichten verweisen einmal mehr auf die bereits den Romanen attestierte neusachliche Nähe zu Irmgard Keun, Erich Kästner, Gabriele Tergit und Kurt Tucholsky; doch Lili Grün zeigt gerade auch hier wieder ihre ganz eigene heiter-melancholische Note. Gesammelt, herausgegeben und mit einem Nachwort von Anke Heimberg.
Lili Grün wurde 1904 als Tochter eines jüdischen Kaufmanns in Wien geboren. Sie machte eine Ausbildung zur Kontoristin, nahm Schauspielunterricht und spielte an der Bühne der Sozialistischen Arbeiterjugend (SAJ). Ende der 1920er Jahre ging sie nach Berlin, wo sie zur quirligen Kabarettszene gehörte und Gedichte und Geschichten im Berliner Zeitgeist-Magazin Tempo und im renommierten Prager Tagblatt veröffentlichte. Zurück in Wien, verarbeitete sie ihre Berlin-Erlebnisse in ihrem Roman „Alles ist Jazz“ (Erstauflage 1933 unter dem Titel „Herz über Bord“ im Paul Zsolnay Verlag). Die Wiener Presse bejubelte Lili Grüns Debüt; noch im selben Jahr wurde sie – neben Hilde Spiel – für den Julius-Reich-Dichter-Preis vorgeschlagen. Nach einem längeren Aufenthalt in Prag und Paris erschien 1935 der Theater-Roman „Loni in der Kleinstadt“. Nach der nationalsozialistischen Okkupation Österreichs im März 1938 hatte Lili Grün als jüdische Schriftstellerin schlagartig keine Möglichkeit mehr zu publizieren. Verarmt und lungenkrank blieb ihr die Emigration ins rettende Ausland verwehrt. Am 27. Mai 1942 wurde sie aus Wien deportiert und sofort nach ihrer Ankunft im weißrussischen Maly Trostinec am 1. Juni 1942 ermordet.
Kommentar: Der Aviva Verlag brilliert mit wunderbaren Entdeckungen. So auch mit diesem Buch von Lili Grün, die durch die Leserinnen und Leser am Leben bleibt! Urs Heinz Aerni