von: Urs Heinz Aerni
20. November 2014

Buchtipp: Hinter der Zeit von Miriam H. Auer

»Manchmal muss man den Stein des Anstoßes auf den Kopf bekommen, damit einem die Augen aufgehen.« Oder dieses schöne Buch öffnen um Frischware als Lesenden entdecken zu können.

© Edition Meerauge - Buchcover

Info vom Verlag: Antonym Vogel, genannt Anto, ist kein komischer Kauz. Zumindest nicht auf den zweiten Blick. Immerhin arbeitet er als Müllmann in Bad Bizarr-Margharita/Verlärntenreich, wo er sich nicht nur mit seinen eigenen Lebensplagen, sondern auch mit allerlei umnachteten Bizarrern und Reichen herumschlagen muss, die ihr von Einkaufszentren und Ideologien zweifelhafter Herkunft motiviertes Leben führen. Doch ganz so allein, wie es ihm scheinen mag, wenn er unter dem wachsamen Blick seiner ramponierten Kuscheltiere Neolo und Gismo seine Urzeitkrebse füttert, ist er nicht.
Da gibt es zum Beispiel Anna, einfach zu schreiben, schwieriger zu fassen, die Antos Anwesenheit braucht, um einfach Anna zu sein. Da gibt es Rosa, die Anto auf unkonventionellem Wege Nachrichten zukommen lässt. Da gibt es den Dreigoschenopa, der in Bad Bizarr-Margeritha sein (Un?-)Wesen treibt und die Ewiggestrigen hinter die Zeit zieht, ohne dabei auf olfaktorische Legendenbildung zu verzichten.
Und da ist nicht zuletzt die Sprache, die dem nach außen hin unspektakulären Helden zur Seite steht. Sie verknüpft verspielt die Schreibenden des Buches – von der Autorin bis zum Dreigoschenopa, vom dichtenden Anto bis zu den Zettelwerkfundstücken, die der Arbeiter in Orange auf seinen täglichen Mülltouren zu einem richtungsweisenden Puzzle zusammensetzt.

»Manchmal muss man den Stein des Anstoßes auf den Kopf bekommen, damit einem die Augen aufgehen.«

Kommentar: Abgefahrenes Wortspiel? Verquere Prosa? Underground-Literatur für das Hinterteil der Zeit von Bestsellern und Mainstream? Ja, vielleicht oder ja genau. Sieht und hört man die Autorin an einer öffentlichen Lesung, so wirkt sie nett und konform und ihre Vortragsart macht deutlich: Ironie mag sie. Sehen Sie selbst hier durch Anklick… Urs Heinz Aerni

Miriam H. Auer, Geboren 1983 in Friesach, Studium der Anglistik und Germanistik, arbeitet derzeit an ihrer Dissertation (Poetry in Motion and Emotion) und lehrt seit 2014 am Institut für Anglistik und Amerikanistik der Alpen-Adria-Universität Klagenfurt (English Poetry and Intertextuality. Follow the Poet – From the Literary Canon into the Culture of Today).

Auer schreibt Lyrik, sprachspielerische Prosa, Lesedramen/kurze Theaterstücke und Songtexte – mit Fokus auf den dunklen Seiten von Leben und Menschen, »um eine Stimme für jene zu sein, die niemand hört, denen niemand zuhört, ob Tier, ob Mensch – aber literarisch möchte ich immer auch ein bisschen die ›Majesty of the Macabre‹ bleiben«. Kürzere Texte sind in verschiedenen Literatur- und Kulturzeitschriften (u. a. Die Brücke, Fidibus, die Anstalten) erschienen, die »Umnachtungsnovelle« Hinter der Zeit ist ihr Buchdebut.

2012 war Miriam H. Auer unter den fünf bestgereihten Autor/-inn/-en beim Literaturpreis des Kärntner Schriftsteller/-innenverbandes, beim Literaturwettbewerb der Klagenfurter Gruppe 2013 erreichte sie den zweiten Platz. Mit der KurzgeschichteBäume ernten gewann sie ebenfalls 2013 den zweisprachigen Wettbewerb Kärnten wortwörtlich der Stadtgemeinde Bleiburg/Pliberk.

Das Buch:

Autor/in: Miriam H. Auer
Titel: Hinter der Zeit
ISBN: 9783708405322
Format: 195x159x30 mm
Seiten: 256
Gewicht: 470 g
Verlag: Heyn, Johannes