von: Droschl, Graz; Suhrkamp, Berlin; Diogenes, Zürich; Urs Heinz Aerni
13. April 2021
© Tourismus Belarus
Volha Hapeyeva: „Camel Travel“, Droschl
Heiterer Ernst:Vom Großwerden im Minsk der 80er und 90er. Mit unglaublicher Leichtigkeit erzählt das autobiografisch gefärbte „Camel Travel“ von einer Kindheit und Jugend in der zerfallenden UdSSR Ende der 1980er- und Anfang der 1990er-Jahre.Aufzuwachsen in einem Land, in dem mit Belarusisch und Russisch zwei Sprachen gesprochen werden, kann in manchen Situationen gehörig für Verwirrung sorgen. Und den ganz gewöhnlichen Alltag zu meistern, auch da treten so einige Hindernisse zutage und es geschehen noch mehr besondere und ungewöhnliche Begebenheiten.Als da beispielsweise wären: Klavierlernen ohne Klavier zu Hause? Mit ein bisschen Fantasie und Einfallsreichtum lässt sich auch das lösen. In wie vielen Momenten man sich – und das alles nur für eine erfolgreiche Sportlerinnenkarriere – dehnen kann, davon weiß die Erzählerin Volha ein Lied und Leid zu singen.In kurzen Kapiteln nähert sich Volha Hapeyeva kleinen und großen Themen, die in Schule, Familie und öffentlich ausgefochten werden. Ihre Schilderungen zeigen so manche Tücken und Macken aus dem Minsk der (post)sowjetischen Zeit auf – aber auch ihre Entwicklung zu einer kritischen, feministisch-politischen Frau im heutigen Belarus.
Volha Hapeyeva, geboren 1982 in Minsk, ist eine belarusische Autorin (Prosa, Lyrik, Drama, Kinderbuch), Übersetzerin und promovierte Linguistin. Für ihr Werk erhielt sie zahlreiche Preise und Auszeichnungen. Hapeyeva ist Mitglied des PEN-Zentrums Belarus und des unabhängigen Schriftstellerverbandes Belarus. Ihre Gedichte wurden in mehr als 10 Sprachen übertragen (2020 erschien auf Deutsch „Mutantengarten“). „Camel Travel“ ist ihr Debütroman. Quelle: Droschl Verlag
Swetlana Alexijewitsch: „Der Krieg hat kein weibliches Gesicht“, Suhrkamp
„Ganze Züge voller Frauen gingen an die Front“, erinnert sich eine ehemalige Rotarmistin im Gespräch mit Swetlana Alexijewitsch. „Es waren nicht mehr genug Männer da. Sie waren gefallen. Lagen unter der Erde oder waren in Gefangenschaft.“ Die Frauen waren „bereit, für die Heimat zu sterben. So waren wir erzogen.“ Sie waren nicht nur Ärztinnen und Krankenschwestern, sondern auch Fliegerinnen, weibliche Scharfschützen und Panzersoldaten. Und sie waren jung: „Ich war noch so klein, als ich an die Front ging“, erzählt eine ehemalige Scharfschützin, „dass ich im Krieg noch gewachsen bin.“ Und sie waren für ihr Leben traumatisiert. Sie erzählen der Autorin vom Tod und vom Töten, von Blut, Dreck und Läusen, von Kriegsverbrechen, von Verwundungen, Schmerzen, Hunger und miserabler Ausrüstung – und wie man sie vergessen hat, als es nach dem Krieg darum ging, die „Helden“ zu feiern.
Das erschütternde Dokument einer ausgeblendeten Seite des Zweiten Weltkriegs: Rund eine Million Frauen haben in der Roten Armee gekämpft. Swetlana Alexijewitsch lässt sie zu Wort kommen.
Dieses Buch ist das erste der im letzten Jahr mit dem Nobelpreis für Literatur ausgezeichneten russischen Schriftstellerin, und schon hier beweist sie, dass man ihr den Preis – über vierzig Jahre später – zu Recht verliehen hat.«
Frank Raudszus, egotrip.de
Swetlana Alexijewitsch, 1948 in der Ukraine geboren und in Weißrussland aufgewachsen, lebt heute in Minsk. Ihre Werke, in ihrer Heimat verboten, wurden in mehr als 30 Sprachen übersetzt. Sie wurde vielfach ausgezeichnet, 1998 mit dem Leipziger Buchpreis zur Europäischen Verständigung und 2013 mit dem Friedenspreis des Deutschen Buchhandels. 2015 erhielt sie den Nobelpreis für Literatur. Ganna-Maria Braungardt, geboren 1956 in Crimmitschau, studierte russische Sprache und Literatur in Woronesh (Russland). Seit 1991 ist sie als freie Übersetzerin tätig. Quelle: Suhrkamp Verlag
Sasha Filipenko: „Der ehemalige Spion“, Diogenes
Eigentlich sollte der junge Franzisk Cello üben fürs Konservatorium, doch lieber genießt er das Leben in Minsk. Auf dem Weg zu einem Rockkonzert verunfallt er schwer und fällt ins Koma. Alle, seine Eltern, seine Freundin, die Ärzte, geben ihn auf. Nur seine Großmutter ist überzeugt, dass er eines Tages wieder die Augen öffnen wird. Und nach einem Jahrzehnt geschieht das auch. Aber Zisk erwacht in einem Land, das in der Zeit eingefroren scheint.
Sasha Filipenko, geboren 1984 in Minsk, ist ein weißrussischer Schriftsteller, der auf Russisch schreibt. Nach einer abgebrochenen klassischen Musikausbildung studierte er Literatur in St. Petersburg und arbeitete als Journalist, Drehbuchautor, Gag-Schreiber für eine Satire-Show und Fernsehmoderator. Der ehemalige Sohn ist nach Rote Kreuze sein zweiter Roman, der auf Deutsch erscheint. Sasha Filipenko ist leidenschaftlicher Fußballfan und lebt in St. Petersburg. Quelle: Diogenes Verlag