von: Urs Heinz Aerni
28. Juni 2017
© Im Spiel an der Criminale in Bern
Seit 2006 gibt es sie, die Nationalmannschaft der fußballspielenden Autoren der Schweiz (FADS). Sie spielten gegen Österreich, Slovenien, Ungarn und die Slowakei. Das erste Spiel gegen Deutschland steht noch bevor.
Auf eine Frage, die uns immer wieder gestellt wird, kann hier nur ansatzweise eingegangen werden: Ob die literarische Form des Autoren auch in seiner Spielart herauszulesen sei. Germanisten und Sportreporterinnen sind sich da uneinig. Bei Studien einzelner Spieler konnten Zusammenhänge zwischen Literaturgattung und Position respektive Spieltemperament eruiert werden. Da gibt es zum Beispiel den Lyriker, der in der Tat eher feinfühlig den Ball umkreist, bis er weiß, wie er ihn zu berühren gedenkt, was oft zur Folge hat, dass er den weiteren Spielverlauf von der Reservebank aus reflektieren muss. Oder denken wir an den Krimiautor, der zwar eine gewisse Tatkraft auf den Platz mitbringt, ausderen Umsetzung aber eher ein am Boden liegender und heulender Gegner statt eines Tores resultiert. Der Romancier mit Hang zur Epik hingegen bevorzugt eine komplexe Struktur des Passspiels, was wiederum vom Novellisten nicht allzu sehr geschätzt wird. Es konnte auch beobachtet werden, dass Kolumnisten tendenziell für klar definierte Aufgabenverteilungen auf dem Platz sind und Wirtschaftsjournalisten eine Optimierung der Erfolgsquote bei Torschüssen anstreben. Unsere Studien widerlegen überdies die These, dass Autoren von humorigen und kabarettistischen Texten analog das Betriebsklima auf dem Rasen aufpeppen oder gar retten würden. Kinderbuchautoren und Verfasser von Psychothrillern fallen immer wieder durch ihre Geduld, Empathie und Diplomatie auf, die sie während, aber vor allem nach dem Spiel, einzubringen vermögen – auch wenn ihre Mitspieler erst in den Kabinen oder gar beim Duschen wieder ansprechbar sind. Eine leichte Tendenz in der Bereitschaft zum Mitspiel konnte in den letzten Monaten bei schreibenden Frauen registriert werden. Ein einziges Tor zu unseren Gunsten durch die Tochter eines Mitspielers gegen eine Kneipenmannschaft in Oberentfelden und der auffallende Einsatz einer Autorin aus der Ostschweiz im Spiel gegen eine Wochenzeitung in Zürich zeigen dies deutlich. Der oben genannten mitspielenden Tochter boten wir unsere Dienste bei der Verlagssuche an. Analysten und Literaturwissenschaftlerinnen sehen jedenfalls in der aktiven Öffnung gegenüber der weiblichen Hälfte der Schreibszene eine deutliche Chance der Verbesserung der fußballerischen Qualität und des Unterhaltungswerts.
Soweit, verehrte Leserinnen und Leser, zu den Ausführungen in Sachen komplexer Konstellation zwischen tippenden Händen und dribbelnden Füßen.
Wenn Sie sich in die Welt des Schreibens kombiniert mit Fußball vertiefen möchten, so sei Ihnen dieses Buch ans Herz gelegt:
„Das Chancenplus war ausgeglichen“, Knapp Verlag, 20,40 Euro.
«Das Chancenplus war ausgeglichen» ist laut Gerüchten ein Ausspruch des grossen Sprachathleten Lothar Matthäus. Dieser Satz zeigt aufs Schönste, wie sich die Sprache und das runde Leder, wie sich Literatur und Fußball ergänzen und einander hold sind. Die Fussballer schaffen abenteuerliche Sprachkunststücke, während die Literaten abenteuerlich Fusßball spielen – aber beide sind kreativ und glücklich dabei! So auch die FAdS, die Fußball spielenden Autorinnen und Autoren der Schweiz*. In unzähligen Kämpfen gestählt berichten sie hier von ihren ersten und letzten Spielen, von ehrenvollen Niederlagen und
glänzenden Siegen und von der tiefen Wahrheit des Ausdrucks «in Schönheit sterben». Oder, wie Jean Paul Sartre sagt: «Bei einem Fußballspiel verkompliziert sich allerdings alles durch die Anwesenheit der gegnerischen Mannschaft.»